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Passionsmusik von Bach und Händel

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Man kann in der Wiedergabe von Bachs Matthäuspassion das Großartig-Einmalige barocker Sakralkunst, das Historisch-Stilistische oder das Demütig-Gläubige betonen. Der Madrigalchor St. Veit unter Leitung von Xaver Meyer ging ganz von der letzteren Komponente aus, ohne die beiden andern zu übersehen und in blassen Historismus zu verfallen. Zweifellos kam man damit dem ursprünglichen Sinn dieser durch und durch gläubig-kirchlich erfundenen und empfundenen Musik am nächsten und erzielte stärksten unmittelbaren Eindruck, auch wenn die konzertmäßige Perfektion hinter den großen, starbesetzten Aufführungen zurückblieb. Es gab keine überragende Einzelleistung, doch eine nachhaltige Gesamtwirkung.

Der Chor der „Musikalischen Jugend” präsentierte sich der Oeffentlichkeit (in Verbindung mit dem Orchester der Musikalischen Jugend und einer Reihe von Solisten) unter seinem Leiter Günther T h e u r i n g mit einer Wiedergabe der kaum je gehörten „J o h a n n e s p a s s i o n” von Händel. Das 1704 komponierte Werk des damals Neunzehnjährigen hält einen Vergleich weder mit seinen späteren Oratorien noch mit den Passionen Bachs aus, zeigt aber in vielem bereits die Löwenpranke des großen Gestalters, der besonders in eini-

gen Chören schon hier eine Meisterschaft bekundet. Der singende Chor machte seinem ersten Programm alle Ehre und ist besonders in den Sopranen von großer Leuchtkraft. Rhythmische und klangliche Präzision sind auf erfreulicher Höhe.f Die vier Choräle wurden nach einer kurzen Probe vom Publikum mitgesungen, womit eine alte, vergessene Praxis schon beim ersten Versuch sich als günstig und eindrucksvoll erwies.

In seinem ersten Liederabend zeigte sich Walter Berry, als Charaktergestalter der großen Oper längst bekannt, auch auf diesem subtileren Gebiet berufen. Die dramatischen „Lieder und Tänze des Todes” von Mussorgski gelangen ihm gleichwohl am besten, doch wußte er Humor und Ironie einiger

Mörike-Lieder von Hugo Wolf ebenso überzeugend zu bringen und in Gesängen von Händel, Haydn und Schubert auch der lyrischen und stilistischen Eigenart gerecht zu werden. Die liebenswürdige Persönlichkeit des jungen Sängers darf bei seinem großen Können als Superplus verzeichnet werden.

In kleineren Stücken von Maurice Ravel, Griffes und Liszt sowie in der Sonate op. 1 von Alban Berg bewies die Pianistin Majorie Mitchell (USA) sauberes technisches Können, präzisen Anschlag und persönliches Profil. Beethovens Sonate C-dur, op. 2, Nr. 3, allerdings ließ sich, zumindest vom Geist her, nicht erobern, am wenigsten im Adagio. Besser gelangen Cesar Francks Präludium, Choral und Fuge, am besten die Toccata von Ravel.

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