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Kirchenchor und Kammerchor

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Zwei Werke französischer Kirchenmusik standen im Mittelpunkt eines geistlichen Konzerts des Akademie-Kirchenchors unter Leitung Prof. Dr. Hans Gillesbergers. Andre Caplets Messe für dreistimmigen Frauenchor a cappella, von apartem klanglichem Reiz, versucht zum Teil mit Glück, den liturgischen Forderungen innerhalb seiner impressionistischen Stiltechnik gerecht zu werden, läßt aber im ganzen kühl und mutet stellenweise überholt an. Tiefer greifen Francis Poulencs „Vier Motetten für eine Bußzeit“, obwohl die Schwierigkeit der Intonation oft widerchörig wirkt und die Bedeutung der gedanklichen Aussage beträchtlich überschreitet. Höhepunkt der Leistung war eine 6ehr schöne Wiedergabe von J. N. Davids „Stabat mater“. Hingegen litt Palestrinas „Assumpta est“ unter der Ermüdung besonders einer führenden Sopranstimme. Das Positivum des Chors besteht darin, daß er kirchenmusikalisch, also ohne dynamische Überspitzungen singt.-

Dynamische Feinheiten sind dagegen eine Stärke (die gar leicht zur Schwäche werden kann) des Akademie-Kammerchors (Prof. Ferd. Großmann), der durch sie zu eindrucksvollen Leistungen gelangt. Au der Fülle seines 16 Chöre alter und neuer Zeit umfassenden Programms seien als Höhepunkte chorischer Leistung diesmal J. N. Davids „Victimae paschalis“ und Anton Heillers „Tragische Geschichte“ herausgegriffen. Besonders mit der prachtvollen, aller (oft unüberwindlich scheinenden) Schwierigkeiten spottenden Interpretation des letztgenannten Werkes, das unter persönlicher Leitung des Komponisten wiederholt werden mußte, er-sang sich der Chor endgültig seinen Rang als bedeutendster heimischer Kammerchor. Unter den zeitgenössischen Komponisten waren außer den bereits genannten noch Karl Schiske, Franz J.Doppelbauer, Wilhelm Waldstein und Felix Petyrek mit fein profilierten Werken kleineren Formats vertreten.

Der Musikverein Haydn brachte im Rahmen eines Festkonzerts anläßlich seines fünfzigjährigen Bestandes die „Messe in h-moll für Soli, Chor, Orgel und Orchester“ von Alfred Uhl unter persönlicher Leitung des Komponisten zur Wiedergabe. Uhl schrieb die Messe im Alter von 17 Jahren. Unter diesem Gesichtspunkt ist das kompositionstechnische Können, die formale Straffung und die frühreife sichere Instrumentationskunst zu bestaunen. Im übrigen hat die Messe völlig konzertanten Charakter und vermag der modernen Kirchenmusik so wenig Impuls zu geben als sie von ihr empfing. Es sang der (verstärkte) Chor der Kalvarienbergkirohe; schön und unbedingt sauber, was vom Soloquartett nicht so unbedingt behauptet werden kann.

Die Gesellschaft der Musikfreunde verlegte die traditionelle Aufführung der Matthäus-Passion in diesem Jahr in die Evangelische Basilika Gumpendorf. Unter der Leitung Ferdinand Großmanns hatten sich der Akademiekammerchor, die Wiener Kantorei (Hans Gillesberger), der Knabenchor des Realgymnasiums XXI und die Symphoniker in den Dienst Bachs gestellt. Die Solopartien waren durchweg jungen und jüngsten Sängern anvertraut und bedeuteten für sie sehr ernsthafte Bewährungsproben, vor allem für den jungen — gegenwärtig an der Akademie studierenden — Amerikaner James Erb, der die schwere Partie des Evangelisten in völlig akzentfreiem Deutsch sang, ferner für Gisela Rathauscher, Maria Nußbaumer, Rudolf Kreuzberger, Leo Heppe und Walter Berry. Walter Pach begleitete an der Orgel. Erfreulich war der Vortrag der Choräle (ohne Frauenstimmen, ohne Smorzandi und Ritardandi), von denen jedoch zwei — wie übrigens auch der Schlußchor — etwas zu flott gerieten. Akustisch ungünstig wirkte sich die Aufstellung der Solisten aus. Auch sonst blieb mancher Wunsch offen, den man an eine repräsentative Aufführung zu stellen gehabt hätte, mit dessen Erfüllung man aber hier von vorneherein nicht ganz rechnen konnte.

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