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Konzerte

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In Karl Richters Dirigierrepertoire ist Bachs „Matthäus“-Passion eines der Hauptwerke. Allein schon im Wiener Musikverein sind alle darauf eingeschworen, fast jedes Jahr Richter damit zu erleben. Und auch in München ist das nicht viel anders. Um so interessanter, daß Richter heuer erstmals seit langem Ansätze zeigte, mit seiner Interpretation in eine andere Richtung zu arbeiten. Er entfernt sich radikal von romantischen Farben, bremst in seiner Cembalo-Continuobeglei- tung mehr denn je das Expressive, reduziert auch in den Streichergruppen romantische Süßlichkeit. Keine Frage, das war heuer die interessanteste Passionsaufführung Richters seit Jahren. So klar hat er dieses Werk kaum jemals modelliert, so sachlich, mit soviel Distanz und kluger Disposition in den dynamischen Verhältnissen. Denn alle Expression muß von der Stimme ausgehen: vom souverän geführten Singverein (hervorragende Einstudierung: Helmuth

Froschauer), von den Sängerknaben, von den Solisten … Nur sie enttäuschten heuer ein wenig: Peter Schreier imponiert natürlich als Evangelist; aber er mußte offenbar mit seinem Stimmaterial sparen (hatte er doch auch die Tenorarien zu singen); Emst Gerold Schramm (Christus), Benita Valenta (Sopran) undRuza Baldani (Alt) wirkten ein bißchen farblos; kultiviert: Robert Holl (Baß).

Im „Philharmonischen“ präsentierte sich zu Beethovens 150. Todestag Georg Solti mit der VIII. Symphonie und überdies mit Richard Stranss’ ,¡Heldenleben“: Er ist ein „unruhiger Kopf“, der für große Bögen unerhörte Straffung schafft und in den Details zu vielfältigem Kontrastieren neigt. Vor allem wo es um das Herausarbeiten dramatischer Momente und um kühne Farben geht, ist Soltis Maßarbeit aufregend. Bei Beethoven wirkt das mitunter erdrückend. Aber so muß man das „Monster“ „Heldenleben“ dirigieren, in so schäumender Üppigkeit und Exaltiertheit. Dann erschließt das Werk erst ganz seine Eigenart.

H. K.

Die erste Aufführung der Johannes-Passion brachte heuer die Bach-Gemeinde im Mozartsaal. Bach-Chor und Bach-Collegium - beide mit erfreulich vielen jungen Mitgliedern - musizierten mit viel Enthusiasmus und boten unter dem Dirigenten Hermann Furthmoser ausgewogene Leistungen. Bewährte und (in den Baßpartien) gute junge Nachwuchssänger (Theresa Stich-Randall, Elisabeth Kummer, Gerhard Eder und Friedrich Ofner) sowie Rudolf Scholz an der Orgel dienten dem Werk. Heinz Zednik sang zum ersten Mal den Evangelisten und gestaltete Rezi- tative und Tenorsoli in dramatischem Akzent und lyrischem Ausdruck mit gleicher Intensität. Aufführung und Ausführende hätten einen volleren Saal verdient.

D. A.

Ausgefallene Kompositionen der Jeunesses-musicales-Reihe „Musik um Napoleon“: zunächst Arnold Schönbergs „Ode an Napoleon“ op. 41, ein verächtliches, pathetisches Gedicht Lord Byrons in 16 Strophen. Inhalt: Glanz und Fall des französischen Feldherrn, Schlußhymnus auf George Washington. Englischer Originaltext. Ungemein schwierige rhythmische Deklaration zu herber, martialischer Musik. Souverän: Eberhard Kummer (Sprechgesang), Auftragswerk der Jeunesses an Marcel Rubin: Sieben Variationen über ein französisches Revolutionslied für 11 Instrumentalisten. Kecke, teils lyrische, teils tänzerische, teils brutale Varianten in rhythmischer und tonaler Verfremdung mit reizvollen Kontrasten. Höhepunkt trotz skurriler Novitäten: Strawinskys ironisch-pointierte, graziöse Suite der „Geschichte vom Soldaten“. Blendende Violinführung (Erich Binder), bestechende Klarinette (Peter Schmidl) - ausgezeichnetes Ensemble.

I. M. K.

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