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War das notwendig?

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Nach bloß acht Monaten Geltung ist klar, daß die Zinsertragssteuer (ZESt) wieder stückerlweise demontiert oder umgebaut werden muß.

Das Ganze erinnert fatal an das Theater mit der AutoAbschreibung. Die Ende der siebziger Jahre (von Androsch) verfügte, realitätsfremde Einschränkung der steuerlichen Absetzmöglichkeit für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge wurde Jahr für Jahr solange wieder ausgehöhlt, bis jetzt praktisch wieder alles beim alten ist.

Der großartige volkswirtschaftliche Effekt der Maßnahme: eine jahrelange Störung des Kfz-Marktes und zusätzliche unproduktive Verwaltungsarbeit in den Unternehmen.

Ganz ähnlich läuft es jetzt bei der Zinsertragsteuer. Die Auswirkungen sind dort gesamtwirtschaftlich freilich bedenklicher und halten wohl auch länger an:

Im ersten Halbjahr 1984 war die Geldkapitalbildung (als Maßstab für die Sparlust der Bevölkerung) die geringste seit Jahren. Statt 21 Milliarden Schilling wie noch im ersten Halbjahr 1983 legten die Österreicher heuer nur noch 7 Milliarden Schilling auf die hohe Kante.

Auf dem Kapitalmarkt konnten von Jänner bis Juni nur sieben Anleihen mit einem Volumen von 10 Milliarden Schilling gegenüber 17 mit 23 Milliarden im Vorjahr untergebracht werden.

Besser kommt die Dramatik in zwei anderen Relationen zum Ausdruck: Nur 13 Prozent der 10 Milliarden wurden vom Privatpublikum gezeichnet.

Weitere 13 Prozent zeichneten die „institutionellen Anleger“ wie Versicherungen, der Rest — also 74 Prozent! — mußte von den Banken aufgekauft werden, was ja nicht Sinn einer Anleiheemission ist.

Zieht mantvon den neuen Anleihen aber noch die Tilgungen der alten ab (z=Net-toumlauferhöhung), zeigt sich, daß heuer im ersten Halbjahr nur rund ein Zehntel (!) der Beträge des Vorjahres in Anleihen angelegt wurde.

Daß dadurch die Investitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft vorerst nicht behindert wird, weil der Kreditapparat nach der Konjunkturflaute über hohe Liquidität für Kredite verfügt, darf nicht den Blick auf die möglichen Langzeitfolgen verstellen.

Um der ZESt auszuweichen, haben die Österreicher ihre Liebe zu (ZEStfreien) Auslandsanleihen entdeckt. Es ist zu befürchten, daß diese Liebe jetzt so schnell nicht mehr erkaltet — auch dann nicht, wenn die österreichischen Anleihen steuerlich wieder gleichgestellt werden: Die Dollaranleihen werfen einen ungleich höheren Ertrag ab...

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