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Zweisitzer für Individualisten

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Im Hotel „Holiday Inn“, wenige Kilometer vom Autodrom Hockenlheim bei Heidelberg, fand vor kunzem die Vorstellung des zweisitzigen Roadster Mercedes 350 SL statt. Der vollkommen neue Wagen setzt die Tradition der berühmten SL-Typen fort. Er löst seine Vorgänger ab. Die beiden Vorstandsmitglieder der Daimler Benz AG, Heinz Schmidt und Dr. Ing. Scherenberg, leiteten — übrigens bei strahlendem Wetter — den Mercedes-Auto- frühling 1971 ein. Man huldigt bei dieser Firma, gewiß mit Recht, einem „wohllundier- ten Optimismus", will man doch heuer rund 300.000 Personenwagen und 180.000 Lastwagen erzeugen, und natürlich auch ahsetzen.

Zum 350 SL kann auch ein aufsetzbares Couipėdach mit der funktionell bewährten Pagodendachform geliefert werden. Dieses neuartige, leicht nach unten statt nach oben gewölbte Dach erregte’seinerzeit, vor etwa fünf Jahren, berechtigtes Aufsehen, als es erstmalig auf dem Genfer Salon gezeigt wurde. Der neue Roadster ist kein kompromißloser Sportwagen, sondern ein sportlicher, eleganter Zweisitzer, ein individueller Wagen für Individualisten, eine Fortsetzung der großen Tradition der GT-Fahrzeuge der Daimler Benz AG. Er ist 85 Millimeter länger, 34 Millimeter breiter, aber 10 Millimeter niedriger als sein Vorgänger, der 280 SL. Er wirkt gestreckter, fast ein wenig zierlich. Markant ist das neue Kühlergesicht mit dem großen Stern und den waagrecht liegenden, rechteckigen Scheinwerfern. Die breiten, mit Gummi belegten Stoßstangen sind zu den Radausschnitten herumgezogen. Etwas tief liegende Gummileisten schützen die Flanken, die Blinkleuchten sind auch von der Seite sichtbar, eine Maßnahme, welche die Sicherheit im Straßenverkehr erhöht, dem gleichen Zweck dienen die serienmäßig eingebauten Halogenscheinwerfer mit H4-Zweifaden- lampe, Halagennebellampen und eine auf der Fahrerseite in die Heckleuchte eingebaute Nebelschlußleuchte.

Überhaupt ist, wie schon seit jeher bei Mercedes, auch im 350 SL außerordentlich viel sowohl für die aktive, die unfallverhütende, wie für die passive, die Unfallfolgen mildernde Sicherheit getan worden: Da sind der abkmickibare, von innen verstellbare Außenspiegel, die in Längsrichtung und Höhe verstellbaren körpergerecht ausgebildeten Sitze, der durch Trennwände geschützte, zwischen Fahrgastraum und Gepäckraum über der Hinterachse liegende Tank mit 90 Liter Inhalt. Die Armaturenanlage ist glatt, nachgiebig, drei Rundinstrumente liegen im Blickfeld des Fahrers, das Sicherheitslenkrad wurde neu entwickelt, es hat vier Speichen und es fehlt nicht die bekannte Pblsteriplatte. Alles ist mit Polyurethan umgeben, ebensowenig fehlt der berühmte Pralltopf.

Die Antriebsquelle des neuen Wagens ist der erstmalig auf der IAA 1969 gezeigte V-8-Mo- tor mit 200 PS bei 5800 U/min. Nur kleine, durch andere Einbauverhältnisse bedingte Änderungen wurden vongenommen. Technische Merkmale sind die elektronische Benzineinspritzung, die Transistor-Zündanlage und die obenliegenden Nockenwellen. Ein vollsynchronisiertes Vierganggetriebe ist serienmäßig, auf Wunsch kann aber auch die MB- Getriebeautomati’k eingebaut werden. Die Linie des Wagens ist zwar bestechend, über die Längsrillen der Karosserie unterhalb der Scheuerleiste herrschen allerdings geteilte Ansichten, ebenso wie die zwar praktischen, aber ungewöhnlichen, um die Ecke gezogenen Scheinwerfergehäuse dem Wagen ein neuartiges Aussehen verleihen, an welches man sich erst wird gewöhnen müssen.

Nachdem den Journalisten aus der Bundesrepublik Deutschland und aus den meisten Bundesländern Österreichs an Hand eines Ausstellungsfahrzeuges und durch Schaubilder die neue Serie erklärt worden war, begaben sich die Gäste auf den Hockemheimring, wo zehn Fahrzeuge mit Automatik und normaler Knüppelschaltung für Probefahrten zur Verfügung standen. Ein Fahrzeug war außerdem auch mit dem von der Daimler Benz AG und Teldix gemeinsam entwickelten Antiblockiersystem (ABS) versehen.

Wie Dr. Scherenfoerg mitteilte, wird noch heuer, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte dieses Jahres, das ABS-System in einigen Wagen auf speziellen Kundenwunsch eingebaut werden. Der Preis des 350 SL in Deutschland wurde mit DM 29.970.— festgelegt. Daß bei einem solchen Preis die Sitzgurten nur „auf Wunsch“, das heißt also gegen Aufzahlung, geliefert werden, ist schwer verständlich. Der Preis in Österreich wurde mit 258.000 Schilling, mit Coupė-Dach 268.000 Schilling) festgesetzt. Über den Wankelmotor befragt, meinte Dr. Scherenbeig, es seien in der letzten Zeit große Fortschritte erzielt worden. Ob und wann er bei Mercedes in Serie kommen wird, ist vorläufig aber nicht abeu- söhen.

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