Linke ÖH hat weiter die besten Karten

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Die Aktionsgemeinschaft räumte einmal mehr den ersten Platz bei der ÖH-Wahl ab. Ihre Chancen auf den Bundesvorsitz bleiben aber dennoch sehr gering.

Fürs Erste herrscht jetzt einmal Sendepause - so könnte man die Stimmung nach der geschlagenen Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) zusammenfassen.

Von 24. bis 26. Mai waren rund 280.000 Studierende aufgerufen, ihre Interessenvertretung zu wählen. Zumindest in der Theorie, denn faktisch waren nur jene zugelassen, die bis 5. April ihren Studienbeitrag (bzw. bei Befreiung den ÖH-Beitrag) eingezahlt hatten. Da die Inskription an den staatlichen Unis jedoch in der Regel bis 30. April möglich war, mussten sich einige Abstimmungswillige beim versuchten Votum ärgern.

Gerade im Zusammenspiel mit der gewohnt niedrigen Wahlbeteiligung der Studierenden sorgte dies für Nervosität in der ÖH-Bundesvertretung. So zeigten sich dann auch die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), die momentan den Bundesvorsitz innehaben, sehr erfreut ob des leichten Aufwärtstrends im Vergleich zur Wahl 2009.

Das Plus von 2,62 Prozentpunkten bei einer Wahlbeteiligung von insgesamt 28,38 Prozent reichte aus, um "die großartige Arbeit, die von der ÖH unter dem Vorsitz der GRAS in den letzten beiden Jahren geleistet worden ist“, bestätigt zu sehen. "Die GRAS erhielt erneut die meisten Stimmen nach der Aktionsgemeinschaft und bleibt damit weiterhin zweitstärkste Kraft in der ÖH“, freute sich GRAS-Spitzenkandidatin Janine Wulz.

Im Detail betrachtet, mussten die GRAS Verluste von 1,6 Prozentpunkten hinnehmen und fielen auf 18,7 Prozent, wohingegen der Verband Sozialistischer StudentInnen Österreich (VSStÖ) von 14,8 auf 17,5 Prozent zulegte - ein Wachstum um 2,7 Prozentpunkte. In den vergangenen beiden Jahren hatte der VSStÖ die ÖH-Bundesvertretung gestützt, deren Vorsitzteam aus GRAS-Chefin Sigrid Maurer und Fachhochschul-Vertreter Thomas Wallerberger (Fraktion engagierter Studierender, FEST) besteht.

Defensivrolle trotz Mehrheit

Die Ergebnisse beschreiben jedoch nur die bundesweite Hochrechnung der Stimmen an den einzelnen Unis - die Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung wurde vor Jahren abgeschafft (vgl. FURCHE 19/2011) -, die sich nicht eins zu eins in die Mandatsstärke umlegen lassen. Die Aktionsgemeinschaft (AG), die den ersten Platz belegt, ist in diesem Verständnis auch nicht die Fraktion, die legitimen Anspruch auf den Bundesvorsitz erheben kann; ganz abgesehen davon, dass es derzeit nicht so aussieht, als gebe es einen willigen Koalitionspartner, um gemeinsam auf die nötigen 49 (von insgesamt 96) Mandate zu kommen.

Betrachtet man die Mandatsverteilung, zeigt sich das folgende Bild: Die AG kommt auf 23 Studierendenvertreter/innen, gefolgt von den Unabhängigen Fachschaftslisten Österreichs (kurz: FLÖ) mit 15, den GRAS mit 14 und dem VSStÖ mit 12 Mandaten. Weit abgeschlagen agieren die Jungen Liberalen (JuLis) mit drei sowie der Ring Freiheitlicher Studierender und zwei kommunistische Listen mit jeweils einem Mandat.

Einen Sonderfall stellen die bisher nicht zugeordneten Mandate dar: 26 Plätze im Studierendenparlament gilt es mit Studierenden der Pädagogischen Hochschulen (PH) und der Fachhochschulen (FH) zu besetzen. Erstere haben bereits im Herbst 2010 über die Zusammensetzung ihrer Vertretung abgestimmt, letztere müssen das bis längstens 10. Juni getan haben. Erst dann kann sinnvoller Weise über die neue Bundesvertretung der ÖH verhandelt werden.

Jedoch zeichnen sich bereits erste Koalitionsvarianten ab, in denen die AG als stimmenstärkste Fraktion eher wenig Chancen hat. Knackpunkt ist nämlich ein ums andere Mal die Frage der Studiengebühren, deren Sinnhaftigkeit die Aktionsgemeinschaft zumindest nicht völlig ausschließen will, wenn man Spitzenkandidat Bernhard Krall folgt.

Bleibt die Option, dass GRAS und/oder VSStÖ die Bundesvertretung übernehmen, wofür nach Adam Riese bei 26 gemeinsamen Mandaten 23 weitere für eine Mehrheit nötig sind - kurioser Weise genau die Größe der geschmähten AG. Die Hoffnung geht wieder in Richtung FEST. Die muss jedoch nach dem ersten Juni erst genügend Vertreterinnen und Vertreter der Fachhochschulen von ihren Zielen überzeugen, und damit ausreichend Mandate sammeln.

Besondere Macht für FH-Vertreter

Die Chancen für die Fortführung einer linken ÖH-Regentschaft steigen, wenn die FLÖ mit an Bord geholt werden können. Diese Möglichkeit ist aufgrund der früheren Zusammenarbeit mit GRAS und VSStÖ, vor allem aber aus inhaltlichen Gründen nicht unwahrscheinlich: Anders als die Aktionsgemeinschaft (und die JuLis) stehen die Fachschaftslisten universitären Zugangsbeschränkungen kritisch gegenüber.

Im Vorfeld der anstehenden Entscheidung - bis 29. Juni müssen die Koalitionsverhandlungen jedenfalls abgeschlossen sein - zeigten sich alle Fraktionen mit ihrem Ergebnis zufrieden. Neben VSStÖ-Chefin Angelika Gruber, die sich über den gewachsenen studentischen Zuspruch freute, zog AG-Chef Krall trotz seines Verlusts von 2,5 Prozentpunkten die folgende Bilanz: Er sei "sehr zufrieden“ mit den erreichten 30,8 Prozent, und zeigte sich überzeugt, dass sich die Suche nach einem Koalitionspartner "sicherlich schwierig gestalten“ würde, so Krall zur APA.

Das sei aber "auch für die anderen Fraktionen“ der Fall. Dass VSStÖ und Gras eine Zusammenarbeit mit der Aktionsgemeinschaft bereits ausgeschlossen haben, "finden wir schade“, so Krall. Jedoch sei mit den JuLis "eine sehr vernünftige und uns ähnliche Fraktion in die Bundesvertretung eingezogen, mit denen wir eine Koalition andenken“. Für die notwendige Mehrheit denke er an die Studierendenvertreter der Fachhochschulen und der Pädagogischen Hochschulen. Um deren Gunst könnte somit ein heißer Kampf entbrennen, der sie in eine besondere Machtposition hebt.

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