Ein Sprachrohr des "Audimaxismus“ tritt ab

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Ihre "Kernkompetenzen“ lägen "in den Bereichen rechtswidrige Besetzung von öffentlichem Eigentum“ und "vorzeitiges Verlassen von Verhandlungen“. So zog Jan-Philipp Schifko, Bundesobmann der AktionsGemeinschaft (AG), im Jänner Bilanz über Sigrid Maurers Wirken als Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). Als Vertreterin der Studierenden-Interessen habe sie versagt, was die ÖVP-nahe AG gegenüber der Chefin der Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) fünf Monate vor der ÖH-Wahl zur Forderung verleitete: "Sigrid Maurer muss zurücktreten.“

Die Interessen der Studierenden an den Unis und Fachhochschulen (FH) sind aber auch unter den Fraktionen der ÖH-Bundesversammlung umstritten. Die Diskussion beginnt bei der seit zehn Jahren ungeklärten Frage, ob Studiengebühren gerechtfertigt wären oder ob sie zur Verschärfung des sozialen Ungleichgewichts beitragen. Für Maurer war stets klar, dass "die Forderung nach Studiengebühren“ - derzeit sind viele Studierende davon befreit - ein "Irrweg“ist.

Das richtete sie zu Beginn ihrer Vorsitztätigkeit, im Juli 2009, auch dem damaligen Wissenschaftsminister Johannes Hahn in deutlichen Worten aus: "Studiengebühren sind eine finanzielle Hürde, die zu sozialer Selektion führen und beispielsweise Studierende mit Kind genauso wie Studentinnen und Studenten aus ärmeren Verhältnissen den Weg zu den Hochschulen versperren.“ Zwei Jahre und zwei Minister(innen) später tönt es nicht anders: Sollte der parteifreie Karlheinz Töchterle wie seine Vorgänger "Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren zum politischen Steckenpferd machen, hat er mit Widerstand zu rechnen“.

Eine Ansage, die klarstellt, dass auch Töchterle keine Schonfrist erhält. Der stammt wie Maurer aus Telfes in Tirol und man ist, wie in einer 1500-Einwohner-Gemeinde üblich, per Du. Das "Dream-Team“ der Hochschul-Politik wird aber nur kurz Bestand haben: Ende Mai gingen die jüngsten ÖH-Wahlen über die Bühne, worauf einmal mehr die AG als Sieger (ohne rechte Chance auf Beteiligung am ÖH-Vorsitz) feststeht. Ein Fakt, der wenig zur Bereinigung von Differenzen beiträgt. Aber egal, ob die GRAS wieder im ÖH-Vorsitz vertreten sein wird: Maurer tritt ab.

Während ihrer Leitung, zusammen mit dem FH-Vertreter Thomas Wallerberger, war zumindest eine neue Politisierung der Studierenden zu erleben. Unter dem Eindruck des jahrelangen Sparens in allen Bereichen der Bildung entlud sich deren Unmut im Herbst 2009 in der "Uni brennt“-Bewegung. Die wochenlange Besetzung des Auditorium maximum (Audimax) der Uni Wien sowie weiterer Hörsäle an Unis und FHs bundesweit prägte den Begriff des "Audimaxismus“.

Dessen pointierte Forderung "Reiche Eltern für alle!“ drückte die Wut und Verzweiflung vieler aus. Immerhin gab es 30 Millionen Euro "Soforthilfe“ von Johannes Hahn, der kurz darauf in die EU-Kommission wechselte und Platz für Beatrix Karl machte. Die lud zum "Hochschuldialog“, den die ÖH und die Uni-Rektoren platzen ließen: Die Politik meine es nicht ernst. Die Unterstützung einer Studierendenmehrheit für die ÖH-Ziele war insofern von geringer Dauer, als sich an der Wahl wieder weniger als ein Drittel beteiligten. Dennoch blieb die GRAS auf Platz zwei.

Die 26-Jährige will nun ihr Studium der Politikwissenschaft weiterverfolgen. Für eine politische Karriere -etwa bei den Grünen - steht Maurer, wie sie in der Vergangenheit mehrfach gesagt hat, nicht zur Verfügung. Ob sich die "Mutterpartei“ mittelfristig Maurers Talent entgehen lässt, ist zu bezweifeln.

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