Der Euro soll auch digital werden - Nachdem nicht nur China und Notenbanken wie die US-amerikanische FED oder die Bank of England mit der Einführung digitaler Währungen begonnen haben, sondern auch private Konzerne wie das Facebook-Mutterunternehmen Meta mit einer digitalen Währung kokettierten, möchte die EZB dieses Geschäftsfeld nicht nur anderen Anbietern zu überlassen, sondern rechtzeitig für den Euro-Raum besetzen. - © iStock/ Alena Butusava

Digitaler Euro: Kind der Angst, das Angst macht

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Die Europäische Kommission präsentierte diese Woche ihre Pläne für die Einführung des digitalen Euro. Im Bargeldland Österreich zeichnet sich massiver politischer Widerstand dagegen ab.

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Die Europäische Kommission präsentierte diese Woche ihre Pläne für die Einführung des digitalen Euro. Im Bargeldland Österreich zeichnet sich massiver politischer Widerstand dagegen ab.

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Bevor die EU-Kommission diese Woche in Brüssel den Gesetzesvorschlag für den digitalen Euro vorgestellt hat, läuteten im Finanzausschuss des Nationalrats in Wien bereits die Alarmglocken. „Große Veränderungen beginnen immer häufig klein und unauffällig, so auch hier“, beschreibt Hubert Fuchs, FPÖ-Abgeordneter und früherer Staatssekretär für Finanzen in der türkis-blauen Regierung, seinen Eindruck von der Aussprache Anfang des Monats mit Nationalbank Gouverneur Robert Holzmann zum digitalen Euro. Dessen Einführung wäre für Fuchs „der Anfang vom Ende des Bargelds“. Seine Befürchtung untermauert er mit einem Zitat des für den Digitaleuro zuständigen EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta. Man müsse sich keine Sorgen um Bargeld machen, habe dieser gesagt, denn Banknoten würden verfügbar sein, „solange die Nachfrage danach besteht“. Für Fuchs heißt das: „Die Reise geht für die EZB dahin, dass die Banknoten mehr oder weniger abgeschafft werden.“ Außerdem gebe es „beim digitalen Euro keinen Datenschutz, keine Anonymität, deswegen lehnen wir ihn in dieser Form grundsätzlich ab. Wir sind und bleiben hier klare Verfechter des Bargelds.“

Bargeld ergänzen, nicht ersetzen

Der zweite Abgeordnete, der sich bei der Präsentation des digitalen Euros im Finanzausschuss pointiert kritisch zu Wort meldete, war Gerald Loacker. Auch der Neos-Mandatar sieht das Bargeld „von oben und unten angegriffen“, sagt er im FURCHE-Gespräch und macht folgende Aufzählung: Nach der Einführung des Kontenregisters 2015 und den regelmäßigen Zugriffen seither darauf, nach der Aufnahme der Schließfächer in dieses Register, nach der Einführung der Bargeldobergrenze und der Begrenzungen bei Gold- und Silberkäufen sowie nach der Abschaffung des 500-Euro-Scheins und der Diskussion um die Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen ist der Vorstoß für den digitalen Euro für ihn ein weiterer Schritt zu mehr Bargelderschwernissen.

Sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die nationalen Notenbanken widersprechen und betonen, dass der digitale Euro das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen soll. Ein Brancheninsider auf europäischer und österreichische Ebene, der nicht namentlich genannt werden möchte, bestätigt der FURCHE diese offizielle Zielsetzung, den digitalen Euro als Ergänzung für den europäischen Finanzmarkt: „Die EZB möchte allen Bevölkerungsschichten etwas anbieten und dazu gehören auch sehr digitalaffine Gruppen.“ Gleichzeitig beschreibt er den digitalen Euro als „ein Kind der Angst“. Nachdem nicht nur China und Notenbanken wie die US-amerikanische FED oder die Bank of England mit der Einführung digitaler Währungen begonnen haben, sondern auch private Konzerne wie das Facebook-Mutterunternehmen Meta mit einer digitalen Währung kokettierten, sei die EZB unter Zugzwang gekommen, dieses Geschäftsfeld nicht nur anderen Anbietern zu überlassen, sondern rechtzeitig für den Euro-Raum zu besetzen.

Als „ein weiteres starkes Argument für die Einführung des digitalen Euros aus Sicht der öffentlichen Hand“ nennt der Insider die Datensicherheit: „Jetzt liegen alle Infos zu Transaktionen bei US-amerikanischen Kreditkartenfirmen, die haben perfekte Zahlungsprofile, was die europäischen Kunden tun, da hätten die Europäer gerne ihre eigene Hand drauf. Die Linie lautet hier, sich unabhängiger von US-Konzernen zu machen.“

Neos-Abgeordneter Loacker kann beiden Argumenten nichts abgewinnen: „Die Chinesische Regierung will wissen, was die geschätzten Untertanen machen. Da passt eine Digitalwährung perfekt dazu. Das macht mich ja so skeptisch. Ich will nicht, dass von der EZB aus, alle Transaktionen der Bürgerinnen und Bürger verfolgt werden können.“ Loacker meint, er sei in dem Bereich „vielleicht übersensibel, aber bei der Politik der EZB-Präsidentin Christine Lagarde habe ich ein wenig die Sorge, dass ein sehr etatistischer Zugang gewählt wird, man alles kontrollieren wolle. Es gibt viele Stellungnahmen der Frau Lagarde, auch in ihrer früheren Funktion, die darauf schließen lassen.“

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