Kirchendiplomatie mit Schweizer Akzent

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Noch ist er - wie die meisten seiner 90 Amtsvorgänger seit 1529 - ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Trotzdem wurde Peter Stephan Zurbriggen in Österreichs katholischer Kirche mit einer gewissen Sehnsucht erwartet. Denn im wohl kurzen Interregnum zwischen der Annahme des Rücktrittsgesuchs des bisherigen Apostolischen Nuntius, Edmond Farhat, und der Ankunft des Nachfolgers lagen dramatische Wochen: Die unerfreuliche Causa um die Ernennung des konservativen Hardliners Gerhard Maria Wagner zum Linzer Weihbischof sei auch eine Frucht der unklaren Verhältnisse in der Nuntiatur gewesen, wollen Kircheninsider wissen. Dass hier nicht nach der "üblichen Vorgangsweise" bei Bischofsbestellungen gehandelt wurde, beklagten auch die heimischen Bischöfe Mitte Februar in ihrem Hirtenwort zur Causa Wagner.

Nun gibt es die Causa Wagner bekanntlich nicht mehr, und der neue Bewohner der Nuntiatur in der Wiener Theresianumgasse wird, so hoffen alle, wieder aufs übliche Procedere innerkirchlichen Headhuntings dringen. Eine hohe Erwartung, denn in Zurbriggens Amtszeit werden maßgebliche Weichenstellungen für Österreichs Kirchenzukunft fallen. Neubesetzungen von gleich vier Bischofsstühlen stehen demnächst an: Anfang 2010 hat der Eisenstädter Bischof Paul Iby die Altersgrenze von 75 Jahren erreicht, ein Jahr später folgt dann Egon Kapellari von Graz-Seckau, de facto die Nummer zwei der katholischen Hierarchie, im selben Jahr wird auch der Vorarlberger Hirte Elmar Fischer um seinen Rücktritt einkommen. Ein Jahr später steht die Demission von Erzbischof Alois Kothgasser von Salzburg an.

Dass somit beinahe das halbe Episkopat des Landes vor einer Neubesetzung steht, macht Peter Stephan Zurbriggens Aufgabe besonders delikat. Diejenigen, die geglaubt hatten, die inferioren Bischofsernennungen der späten 80er/frühen 90er Jahre würden der Vergangenheit angehören (dem päpstlichen Statthalter in Wien war in jenen Jahren auch der Spottname "Denuntius" umgehängt worden), wurden durch die Linzer Weihbischofs-Turbulenzen eines Besseren belehrt. Den jüngsten Erfahrungen zum Trotz hofft das Gros der Katholiken aber, dass nun wieder die Zeit bischöflicher Amtsübergaben ohne Friktionen einkehrt. Der Ruf, der dem neuen Nuntius vorauseilt, lässt diesbezüglich jedenfalls wenig Befürchtungen aufkommen. Der 1943 im schweizerischen Brig Geborene trat 1975 in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls ein. 1993 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Erzbischof und zum Apostolischen Delegaten in Mosambik. Fünf Jahre später wechselte Zurbriggen in den Kaukasus, wo er für Georgien, Armenien und Aserbaidschan zuständig war. Seit 2001 war er als Nuntius im Baltikum tätig (Estland, Lettland, Litauen).

Am vierten Todestag von Johannes Paul II., dem 2. April, traf Peter Stephan Zurbriggen in Wien ein. Seinen Antrittsbesuch bei Bundespräsident Heinz Fischer wird der neue Nuntius, der auch der Doyen des Diplomatischen Korps ist, am 17. April absolvieren, zwei Tage später wird er beim Tedeum zum vierten Jahrestag der Papstwahl Benedikts XVI. im Wiener Stephansdom erstmals in offizieller Funktion öffentlich auftreten.

Er freue sich auf Österreich, ließ Zurbriggen in ersten Radiointerviews verlauten. Er kenne Österreich und habe es - "in einem früheren Leben" - auch beim Radfahren erkundet. Er wolle, so Zurbriggen, seine Arbeit hier "froh und gerne" tun und natürlich: "ein bisschen mit schweizerischem Akzent".

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