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Fiel Kennedy durch CIA?

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In früheren Artikeln stellten wir dar, daß der Bericht der Warren-Kommission mehr Fragen aufwarf als Antworten gab. Jetzt aber will der Staatsanwalt von New Orleans, Jim Garrison, auf die Frage, wer der Mörder des Präsidenten ist, eine Antwort gefunden haben.

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In früheren Artikeln stellten wir dar, daß der Bericht der Warren-Kommission mehr Fragen aufwarf als Antworten gab. Jetzt aber will der Staatsanwalt von New Orleans, Jim Garrison, auf die Frage, wer der Mörder des Präsidenten ist, eine Antwort gefunden haben.

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Mr. Garrison behauptet, daß Castro-hassende kubanische Emigranten Präsident Kennedy ermordeten, um den Fehlschlag der Schweinebucht zu rächen. Er hat keine ausreichenden Beweise für diese spektakuläre Behauptung. Für diesen Mangel macht er den CIA verantwortlich. „Wenn der CIA mit mir zusammenarbeitete, wäre der Fall in sechzig Minuten gelöst“, behauptet der Staatsanwalt.

Im folgenden seien einige Stellen aus der Pressekonferenz, die Garrison, der dem Staat Louisiana untersteht und nicht der Bundesregierung, kürzlich abhielt, zitiert.

Beginnen wir mit der Anklage gegen den CIA: „Es ist ganz einfach ein Fall früherer Angestellter des CIA, viele von ihnen Kubaner, die sowohl auf die Episode der Schweinebucht in 1961, als auch auf die Entspannung zu Rußland im Oktober 1962 haßerfüllt reagierten. Daraus resultierte, daß gewisse Individuen mit gemeinsamen Interessen, Kuba zurückzuerobern, den Präsidenten umbrachten. Für mich liegt der besorgniserregende Zustand darin, daß sich darnach eine Stelle der Bundesregierung in ein Komplott einließ, um diese Tatsache dem amerikanischen Volk, dem Warren-Ausschuß und der Weltöffentlichkeit zu verheimlichen.“

Mr. Garrison meint also, die Warren-Kommission sei auf den CIA hereingefallen. Diejenigen Leser, die sich an die vorhergegangenen Artikel erinnern, mögen dies bezweifeln.

Auf eine Frage, inwieweit das FBI in den Fall verwickelt sei, erwiderte der Staatsanwalt: „Ich finde es unfair, das Büro zu sehr zu kritisieren, wenn die Hauptschuld beim CIA und seiner völlig undemokratischen Macht liegt... Zum Beispiel bezahlt der CIA durch Mittelsmänner und auf krummen Wegen Anwälte, um (meine) Untersuchung zu blockieren. Damit begeht es eine kriminelle Aktion... Der ClA begann, meiner Meinung nach, mit seinen kriminellen Aktionen sofort nach der Ermordung, als er versäumte, das FBI vollständig über seine Unternehmungen in New Orleans zu unterrichten, an denen Lee Harvey Oswald mitarbeitete.“

Der Staatsanwalt ging darnach auf die Frage ein, ob tatsächlich auch von dem Rasen vor dem Texas Book Depository Center aus Schüsse auf den Präsidenten abgegeben wurden. Man erinnere sich aus den vorhergehenden Artikeln, daß Zeugen dies angaben, aber keinen Glauben fanden. Garrison behauptete, Photographien von Leuten, die sich auf dem Rasen aufhielten, hätten fünf Gesichter gezeigt. Diese schienen zwar nicht sehr deutlich auf, aber man könne sie trotzdem identifizieren.

Lee Harvey Oswald sei, gab Mister Garrison bekannt, zwar nicht ein Agent, aber ein Angestellter des CIA gewesen, ebenso wie die AntiCastro-Kubaner, mit denen er zusammengearbeitet habe. „Tatsächlich hatte Oswald im Sommer 1963 in New Orleans nicht bloß häufig, sondern ausschließlich Kontakte mit Anti-Castro-Kubanern. Und jeder einzelne von diesen wurde von dem CIA besoldet... Der springende Punkt ist, er war nicht nur kein Kommunist, sondern ein Antikom-munist... Nachdem sich diese Tragödie ereignet hatte, scheint die Einstellung des CIA gewesen zu sein, na ja, Präsident Kennedy ist halt ein Opfer des kalten Krieges. Und was diesen Jungen (Oswald) angeht, der hat eben Pech gehabt. Der kalte Krieg muß weitergehen... Der CIA darf keinen Schaden erleiden, und infolgedessen wurde sein Geheimnis nicht gelüftet. Seine Macht ist weiterhin ungeschmälert geblieben, gerade dann, wenn sie auf Grund dieses Beweises der Taktik totalitärer Polizeistaaten weggenommen gehörte ... Der CIA sollte dem Kongreß verantwortlich gemacht werden. Wie ich aus diesem Fall gelernt habe, vorher war ich mir dessen nicht bewußt, der CIA hat unendlich mehr Macht als die Gestapo und der NKWD zusammengenommen.“

Garrison verneinte die Frage, ob Oswald der Mörder des Präsidenten sei, entschieden. Damit verband er eine Kritik an der Presse: „Eine der bedauerlichen Tatsachen ist, daß die Presse nicht genügend ihren Verpflichtungen nachgekommen ist, deswegen muß ich noch immer dies (Oswalds Unschuld) gegen Leute verteidigen, die nicht glauben wollen, daß nicht die ganze Wahrheit ans Licht gekommen ist.“ Man erinnere sich an Pen Jones ähnlichen Vorwurf, nach dem die Presse ihre Aufgabe vernachlässigt habe.

Wie verantwortungsbewußt ist dieser Staatsanwalt? Hofft er etwa, daß seine sensationellen Anschuldigungen ihm zu einem höheren Amt verhelfen werden? Eine Antwort darauf kann man nicht finden, wenn man auf die Presse zur besseren Kenntnis Mr. Garrisons angewiesen ist. Er hat keine gute Presse, vielleicht nicht nur, aber sicher auch deswegen, weil diese im großen und ganzen die offizielle Verlautbarung des Herganges des Attentates kritiklos übernommen hat. Schließlich sind die materiellen Interessen der großen Zeitungen im Spiel, die sich einen Konflikt mit der herrschenden Schicht nicht leisten können.

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