petras - Die deutsche Sängerin Kim Petras wurde mit 16 Jahren zur jüngsten operativ behandelten trans Frau. Ihre Geschichte teilte sie mit der Öffentlichkeit. - © Foto: Imago / ZUMA Wire

Pubertätsblocker und die Selbstbestimmung der trans Jugendlichen

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Jugendlichen, die sich im falschen Geschlecht fühlen, werden Medikamente angeboten, die ihre Pubertät unterbrechen. Das sorgt für Aufregung. Vertreter(innen) beider Seiten sorgen sich um das Kindeswohl.

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Jugendlichen, die sich im falschen Geschlecht fühlen, werden Medikamente angeboten, die ihre Pubertät unterbrechen. Das sorgt für Aufregung. Vertreter(innen) beider Seiten sorgen sich um das Kindeswohl.

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Claire Kardas ist neun Jahre alt, als sie in der Ordination ihrer Psychotherapeutin sitzt und jene Worte ausspricht, die ihr Leben bestimmen: „Ich fühle mich nicht wie ein Bub“, erklärt sie – und doch ist sie im Körper eines Jungen geboren. „Das wird vergehen“, antwortet die Therapeutin, und Claire Kardas, die damals noch gar nicht so heißt, fühlt sich missverstanden. Obwohl sie noch nicht einmal weiß, was es bedeutet, trans zu sein .

Wie viele Personen in Österreich trans sind, sich also nicht mit jenem Geschlecht identifizieren, das in ihrer Geburtsurkunde steht, ist nicht einfach zu erfassen. Im Jahr 2020 zählte der Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungen rund 390 Menschen, die deshalb hormonell behandelt wurden. Insgesamt sollen basierend auf diesen Zahlen etwa 400 bis 500 Personen in Österreich trans sein. Studien aus den USA und den Niederlanden zufolge betrifft das Problem, im falschen Geschlecht geboren zu sein, etwa 0,5 bis ein Prozent der Bevölkerung.

Zeit verschaffen

Obwohl die Zahl der Betroffenen niedrig ist, sind Debatten rund um körperliche Eingriffe der betroffenen Menschen laut. Im Oktober 2022 etwa sorgen drei Sätze auf der Website des deutschen Bundesministeriums für Familien, Frauen, Senioren und Jugend für Aufregung: „Bist du noch sehr jung? Und bist du noch nicht in der Pubertät? Dann kannst du Pubertätsblocker nehmen.“ Eine Verharmlosung eines irreparablen Eingriffes für Jugendliche, die noch viel zu jung seien, das Ausmaß einer solchen Entscheidung zu verstehen, kritisieren die einen. Eine Aufklärung, die aus menschenrechtlicher Sicht längst überfällig sei, antworten die anderen. Bereits am nächsten Tag ändern die Mitarbeitenden des Jugendministeriums die kontroversen Sätze. Die Aufregung bleibt. Doch ist sie berechtigt? Wie problematisch sind die Eingriffe in die Körper junger Menschen? Wer darf sich einer körperlichen Umwandlung unterziehen?

Die genannten Pubertätsblocker, die für Wirbel innerhalb und außerhalb des Internets gesorgt haben, sind Medikamente, die in jenen Teil des Gehirns einwirken, der Botenstoffe in den Körper ausschickt, um die Produktion von Geschlechtshormonen anzuregen. Durch die Einnahme der Blocker wird die Entwicklung äußerer Geschlechtsmerkmale, etwa des Bartwuchses oder des Brustwachstums, unterbrochen. Wenn trans Personen diese Entwicklung gestoppt haben, können sie ab Anbruch der Volljährigkeit selbst entscheiden, wie sie weiter vorgehen möchten. Unter Einhaltung strenger psychologischer und medizinischer Auflagen und Gutachten dürfen sie sich dann für hormonelle und operative Eingriffe entscheiden oder auf diese verzichten und in jenem Geschlecht weiterleben, das sie seit ihrer Geburt besitzen.

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