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Wunderreich der Pflanzenwelt

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BLUMENPARADIESE DER WELT. Bearbeitet von Dr. Herbert Reisigl. Umschau-Verlag, Frankfurt/M.; Pinguin-Verlag, Innbruck, 1964. 255 Selten, davon 96 Bildseiten.

Wer von einem Besuch der WIG 64, von dem Anblick öder Asphaltpfade und dem schmetternden Klang von Blaskapellen traurig und bedrückt in sein Heim zurückkehrt, der nehme das Buch „Blumenparadiese der Welt” zur Hand, blättere ein wenig darin; so manches kleine Bild wird einen viel stärkeren Eindruck hinterlassen, das Wunderreich der Pflanzenwelt viel näherbringen als eine „größte Gartenschau Europas”.

Denn dieses Buch stellt in echtem Sinn für alle Naturfreunde, insbesondere die Blumenfreunde, einen Führer in jenes Wunderreich dar. Einer einzigen Aufnahme wegen lohnte es sich bereits, dieses Buch zu kaufen: Es ist eine ganzseitige Schwarzweißgegenlichtaufnahme, die eine Wiese auf der Seiser Alm in den Dolomiten zeigt. Diese ist übersät mit Pelzanemonen, die vor den im Dunst verschwindenden schroffen Felsbrocken der Schiern der Sonne entgegenzuwachsen scheinen; die Aufnahme lebt, das statische Bild einer Hundertstelsekunde vermittelt einen direkten Eindruck des Wachstums. Ähnlich wirkt eine Aufnahme vom Gelben Fingerhut mit dem Dachsteinmassiv als Hintergrund.

Auch in diesem Buch wird offenbar, daß die Aussagekraft der heutigen Schwarzweißphotographie noch immer wesentlich größer als jene der Farbphotographie ist. Die Farbe verleitet manchen Photographen zu einem falsch verstandenen Naturalismus, zur Anfertigung einer Abbildung, statt zur Komposition eines Bildes. Bleibt die Pflanze dabei in dem sie umgebenden natürlichen Lebensraum hineingestellt, so können auch solche Aufnahmen einen Eindruck des Lebens wiedergeben. Ein sehr schönes Beispiel dafür stellt die Aufnahme einer Waldlandschaft in Virginia dar; die roten Rhododendren, die den dichten Unterwuchs dieser Wälder bilden, verwandeln sie im Frühling in üppig blühende Gärten. Großaufnahmen laufen jedoch trotz aller Farbenpracht Gefahr, kalt und tot zu wirken; sie mögen für Pflanzenanatomen recht informativ sein, Blumenfreunde werden aber weniger Freude daran haben.

Der Textteil unterstützt den Bildteil auf vorbildliche Weise: In den wegen des beschränkten Umfanges eher knapp gehaltenen „Erläuterungen zum Bildteil” werden dem Leser der deutsche und lateinische Name der Pflanzen mitgeteilt, ihre besonderen Merkmale, ihre Standorte und Blütezeiten. In dem Abschnitt „Botaniker und Blumenfreunde der Welt erzählen” werden interessante Einzelheiten beispielsweise über „Die Pflanzenwelt Südtirols und der Dolomiten”, „Die Blumenpracht der Philippinen” und „Botanische Gärten und Parks der Sowjetunion” berichtet. Und schließlich sei gerade auf den „Führer” im Anhang nicht vergessen, der in einer kurzen, durch Zeichnungen aufgelockerten Übersicht Ort, Größe, Spezialitäten und empfehlenswerte Besuchszeit der bekanntesten botanischen Gärten und Parks der Welt zusammenstellt.

Kein großes Buch, nur 255 Seiten Umfang, und doch mehr, viel mehr, als eine ganze Gartenschau.

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