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München, Februar 1943

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Als sich in den letzten Jännertagen des Jahres 1943 in der Tragödie von Stalingrad die Wende des Krieges abzeichnete, begann die Empörung wider das sinnlose Blutvergießen, gegen die Knechtung und Unterdrückung jeder menschlichen Freiheitsregung in Europa überaus groß zu werden. Viele hielten die Zeit zur endgültigen Erhebung gegen die Tyrannen und Dämonen für gekommen. Es hätte den mit Blindheit geschlagenen Unterdrückern ein warnendes und mahnendes Omen sein sollen, daß gerade in der deutschen Stadt, die sie so

gerne prahlerisch als Stadt der Bewegung bezeichneten, der Protest alle Grenzen bisher geübter Vorsicht durchbrach und jähe hervorloderte.

So kam es, daß die Universität München zum Schauplatz einer geschichtlichen Szene im Kampfe des um Freiheit und Wahrheit ringenden Geistes wurde. Junge Akademiker aller freiheitsliebenden Gesinnungsrichtungen, das katholische Element führend beteiligt, wagten es offen, das Volk zum Widerstand gegen die Tyrannen aufzufordern. München und die ganze unterdrückte Welt, sofern dieser Vorgang überhaupt bekannt wurde, erstarrte ob dieser todesmutigen Tat, welche die ganze Brutalität der im Felde geschlagenen Demagogenschicht herausforderte.

Die Münchner Akademiker wurden von Gestapo und SS. verhaftet und verschleppt, in Verhören gequält und gepeinigt. Und als die ersten Opfer ihres Mutes und' ihrer Freiheitsliebe wurden von den Studenten die Geschwister Scholl, von den Profsssoren Dr. H u b e r dem Schafott überliefert. Diese Namen verdienen für immer im Gedächtnis aller freiheitsliebenden Akademiker haften zu bleiben.

Ein Jahr später ging eine zweite Gruppe von Akademikern in München dem Tode entgegen, weil sie die Hinterbliebenen der Geschwister Scholl, Dr. Huber und anderer materiell unterstützt und vor der ärgsten Not bewahrt hatte. Ihr gehörte der Akademiker und Offizier L e i b e 11 an, dann der Sohn eines der verdientesten deutschen Chemiker des Weltkrieges, Rolf Erlenbach. Ein herrlicher Geist beseelte diese jungen Menschen während der Verhöre. Die Katholiken unter ihnen zeigten die mutige Gesinnung des Bischofs Galen, der ihnen 1 vielfach als Vorkämpfer menschlicher und christlicher Gesinnung gegen die Tyrannen galt. Anderen war Thomas Mann, dessen Botschaft sie durch den Rundfunk aufgenommen hatten, der Verkünder und, Seher eines besseren Deutschland. Das Fallbeil endete das Leben der meisten dieser jungen Kämpfer für die ewigen und unverbrüchlichen Rechte der Menschen in unserem Zeitalter.

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