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Rufe in die Zeit

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Bewährung im Widerstand. Gedanken zum deutschen Schicksal. Gesammelt und herausgegeben von Wilhelm Wolfgang Schütz. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. Preis 3.20 DM.

Der Sammler dieser Zeugnisse einer Elite deutschen Gelehrtentums hat im politischen Leben der deutschen Bundesrepublik einen nicht unumstrittenen Namen. Der reine und brennende Wille, die tödlich gefährliche Herzwunde des deutschen Volkes, die in seiner staatlichen Zweiteilung liegt, so schnell als möglich zu schließen, hat ihn in den letzten Jahren eft und oft in die vorderste Reihe der tagespolitischen Auseinandersetzungen geführt, in denen er zwischen die immer unübersichtlicher verlaufenden Schützengräben der heutigen Bonner Politik geriet. Seit dem Erscheinen dieses Buches und vor allem seit dem Datum der hier gesammelten Reden, die allesamt im Juni votigen Jahres zum Tag der deutschen Einheit (im Gedenken an den mitteldeutschen Aufstand vom 17. Juni) gehalten wurden, hat sich das Bild schon wieder kaleidoskopartig verrückt. Was damals Fundament schien, ist heute schon wieder in Frage gestellt, was damals provisorische Andeutung war, ist heute verfestigt und verkrustet. Dennoch bleibt das hier gesammelte Zeugnis deutscher Akademiker, Professoren und Studenten der Geisteswissenschaft als Dokument gültig. Dem allzu blinden und vom Materialismus bestimmten In-den-Tag-Leben auch gebildeter deutscher Schichten wird das Schicksal der Spaltung nicht als eine zynische Gegebenheit der Machtpolitik, sondern als eine tragische Konsequenz deutscher Fehler vor Augen gestellt. Der Geist, der einst die Widerstandskämpfer gegen Hitler (wie weit liegt diese Zeit schon zurück) beseelte, soll notwendend auch heute seine Kraft bewähren. Aus ihm heraus soll die mit rein machtpolitischen Mitteln nicht zu behebende Spaltung schließlich überwunden werden. Angeführt von Theodor Litt und Gethard Ritter nehmen die prominentesten Gelehrten, die sich um das Bedenken der öffentlichen Dinge mühen, zu diesem Problem existentiell bekennende Stellung. Daß am Ende der Eindruck des Rhapsodischen, des sich in der Frage Verlierenden verbleibt, ist, weiß Gott, nicht die Schuld der Redner. Wir haben auch seither keine andere Stimme vernommen, die einen wahrhaft im Heute und Hier gangbaren Weg gewiesen hätte, der an der hier deutlich gewordenen crux vorbeiführen könnte.

Nicht Lob, nicht Furcht. Das Leben des Kardinals von Galen nach unveröffentlichten Briefen und Dokumenten. Von Max B i e r b a u m. Verlag Regens-berger, Münster. 221 Seiten. Preis 9.80 DM.

Die Sympathie für diesen großen Vorkämpfer für Wahrheit, Recht und Freiheit kommt diesem Buch entgegen, und sie wird nicht enttäuscht. „Nicht Lob, nicht Furcht“, war der Wahlspruch des Bischofs, und sein Leben stand restlos zu diesem Wort. Unabhängig von persönlicher Anerkennung oder Gefährdung bestimmten höhere Werte, allgemein menschliche und spezifisch christliche, das Leben dieses echten Edelmannes. Zwar kam die Größe dieser Persönlichkeit erst zum leuchtenden Durchbruch, als ihn die Vorsehung in außergewöhnlichen Zeitverhältnissen in die Verantwortung des bischöflichen- Amtes berief. Aber gerade deshalb ist die schlichte Menschlichkeit seines „Vorlebens“ besonders anziehend Der Verfasser geht diesem Leben in allen Phasen seiner Entwicklung nach und gewährt mit pietätvoller Sachlichkeit und Treue einen Einblick in das urkatholische und vaterländische Erbgut, das hier zur Entfaltung kommt und als „geräuschloses Heldentum“ heranwächst. In der Gewaltherrschaft der großen und kleinen Machthaber des Dritten Reiches wuchs die Gestalt des Bischofs von Münster zum überragenden Vorkämpfer für Christentum und Menschlichkeit, dem dieses Buch ein windiges Denkmal setzt.

Das Licht scheint in der Finsternis. Zeugnisse aus dem zweiten Kirchenkampf. Von Günter Jakob. Evangelisches Verlagswerk, Stuttgart. 95 Seiten.

Ein kleines, aber gehaltvolles Buch, eine tiefgehende Auseinandersetzung der christlichen Heilsbotschaft mit der kommunistischen Weltanschauung, vorsichtig, aber doch sehr offen gehalten. Es enthält vier kürzere Betrachtungen und drei längere Vorträge des Generalsuperintendenten von Kottbus, vorgetragen den Studenten in der Zeit, als der neue Vorstoß gegen das Christentum in Ostdeutschland vom Jahre 1953 an begann. Diese Erwägungen sind wirklich imstande, uns Christen aus jeder ruhigen Selbstsicherheit herauszureißen und uns das Gefährliche unserer Situation aufzuzeigen. Sie erheben sich aber auch zugleich zu den höchsten christlichen Gedankengängen, daß es eine Gnade sei, die Schmach Christi zu tragen, daß wir Christen nach dem Vorbilde unseres Herrn nur im Leiden und durch Mitleiden triumphieren können. Dabei wäscht sich das Christentum durchaus nichf in Unschuld selbst-gelällig die Hände, sondern klopft demütig an die Brust und erkennt und bekennt demütig seine Versäumnisse und Fehler wie z. B. die zu enge Verbindung zwischen Thron und Altar oder das zu schwache Drängen nach christlicher Gerechtigkeit.

Klar und deutlich klingt das religiöse Anliegen aus diesen Auseinandersetzungen hervor: nicht um Politik handelt es sich hier, nicht um Rechthaberei um jeden Preis, sondern um ernste religiöse Herzensanliegen. Es werden auch die guten Seiten des Kommunismus anerkannt, besonders seine Werbekraft durch die vielen christlichen Ideen, die darin verborgen sind, aber es wird auch die Unmöglichkeit einer Veisöhnung zwischen Christentum und dem gegenwärtigen Kommunismus klar herausgearbeitet. Es gehörte gewiß sehr großer Mut dazu, dies alles so offen und ehrlich auszusprechen.

Solche ernste Stimmen aus dem Lager unserer r.ichtkatholischcn. christlichen Brüder lassen erkennen, wie nützlich, ja notwendig eine gemeinsame Front gegen den gottlosen, christentumsfeindlichen Kommunismus ist.

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