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Die „Drei Musketiere“ ist ein abendfüllendes Ballett des 30jäh-rigen Ballettdirektors der Königlichen Oper Kopenhagen, Flemming Flindt. Nach dem Roman von Alexander Dumas und den Memoiren des Herrn d'Artagnan wurde das Libretto erstellt, wobei man nur von einem auf das Choreographische hin zugespitzten Handlungsgerüst sprechen kann und das sich in einer breit angelegten Intrige am Hofe König Ludwigs XIII. von Frankreich bewegt, die aber auf der Bühne nicht viel mehr abgibt, als eine endlose Folge von Reit- und Fechtszenen, die sehr gekonnt getanzt werden (Winfried Krisch, Heino Hallhuber, Kenneth Barlow, Hannes Winkler), aber zur Monotonie und damit zur Langeweile neigen. Bedenkt man weiter, was hier mit Gestalten wie Kardinal Richelieu oder Lord Bückingham, die immerhin zu historischen Begriffen geworden sind, an Belanglosigkeiten getrieben wird, kann man über den eigenen Beitrag des Bayerischen Staatsopernballetts zur diesjährigen Münchner Ballettfestwoche nicht glücklich werden.

Dafür ist in erster Linie Flemming Flindt verantwortlich zu machen, denn seine Inszenierung spart nicht mit plumpen Gags. Die tänzerischen Leistungen (vor allem Margot Werner und Dick van Dyk) standen auf hohem Niveau.

Die Musik zu diesem etwas verunglückten Opus stammt von Georges Delerue. Aus der Kompositionsklasse von Darius Mühaud, die er im Pariser Conservatoire besuchte, hat Delerue allerdings nicht sehr viel in sein eigenes kompositorisches Schaffen umsetzen können. Die Musik zu den „Drei Musketieren“ ist sentimental, traditionsgebunden, zusammengesetzt aus den verschiedenartigsten Stilrichtungen, ganz dem Zweck dienlich (was für eine Ballettmusik durchaus legitim ist), aber ohne Anspruch auf Wert und Substanz. Das Bayerische Staatsorchester spielte, an sonstigen Ballettabenden gemessen, mit erstaunlicher Hingabe, aber Reinhard Linz dirigierte ohne Einsatz und Verve.

Als eine große Bereicherung der Münchner Ballettfestwoche 1967 darf das Gastspiel des Ballettensembles des Württembergischen Staatstheaters Stuttgart mit „Romeo und Julia“ von Serge Prokofieff bezeichnet werden. John Cranko hat eine Truppe geschaffen, die sich auf internationalem Parkett sehen lassen kann; Choreographie und Inszenierung folgen einer klaren Konzeption, die in erster Linie an der musikalischen Substanz des Werkes orientiert ist, die aber auch den dichterischen Wert des unvergänglichen Shakespeare-Stoffes nicht außer acht läßt. Mit Marcia Haydee (Julia) und Richard Cragun (Romeo) stehen Spitzenkräfte für die Darstellung der Titelrollen zur Verfügung.

Wie alle Jahre, bildete ein Galaabend den Abschluß des Münchner Ballettfestivals. Heinz Rosen, Ballettdirektor der Bayerischen Staatsoper, der für die Gesamtleitung dieser Veranstaltungen verantwortlich zeichnet, wollte auch heuer eine reine Ballettschau vermeiden und brachte tänzerische Leckerbissen, wie etwa den Pas de Deux aus „Blumenfest in Genano“, den Pas de Trois aus der „Nußknacker-Suite“ oder den Pas de Deux aus „Raymonda“ (von Ana Cardus und Egon Madsen bravourös getanzt), dazu einige Novitäten.

So sah man erstmals „La Legon“ nach lonesco, ein Ballett von Flemming Flindt, mit der Musik von Georges Delerue und den Dekors von Bernard Daydi. Dieses Werk ist ganz vorzüglich durchgestaltet und bietet den Solisten die Möglichkeit, ihr ganzes Können zu entfalten. Freilich standen in Josette

Amiel (Grand Opera Paris), Mona Kril und Flemming Flindt (Königliches Theater Kopenhagen) Tänzer von Weltklasse auf der Bühne. Gleichfalls als durchaus gelungen kann man die Uraufführung von „Anodos“ bezeichnen, einem Pas de Deux von Winfried Krisch, der durch Konstanze Vernon und Winfried Krisch (Bayerische Staatsoper München) eine kaum zu überbietende Wiedergabe erfuhr. Dagegen fiel die Uraufführung eines Pas de Deux „Die Adler“ in der Choreographie von Attilio Labis ab, obwohl er von so großartigen Solisten wie

Christiane Vlassy und Attilio Labis (Grand Opera Paris) interpretiert wurde. Aber das Publikum will bei dieser verständlichen Niveausteigerung des Galaprogramms, die Heinz Rosen anstrebt, nicht so recht mithalten, das machten die demonstrativen Ovationen deutlich, die nach dem Pas de Deux „Hommage au Bolschoi“ in der Choreographie von John Cranko und dem berühmten Grand Pas de Deux aus „Don Quixotte“ mit den Stars des Abends Christiane Vlassy und Attilio Labis (Grand Opera Paris) losbrachen.

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