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Eckpfeiler der Pharmaforschung

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Generalsekretär der Industriellenvereinigung

In Österreich bilden sich, wie auch in anderen Ländern, immer wieder Gruppen, die die Einstellung von Tierversuchen fordern. Wir erinnern uns der würdelosen Affäre um die Einfuhr von Versuchstieren aus Afrika, die von einem Wiener Unternehmen für die AIDS-Forschung benötigt wurden. Erst kürzlich hat wieder eine Gruppe von Tierversuchsgegnern versucht, den Import von Tieren aus der Tschechoslowakei zu behindern. Trotzdem sind Tierversuche in der pharmazeutischen Industrie unvermeidlich, um Medikamente auf ihre Wirksamkeit und Nebenwirkungen zu überprüfen. Die großen Fortschritte der Medizin hätten ohne Tierversuche nicht erzielt werden können. Nach Expertenschätzungen werden jährlich rund 800.000 Versuchstiere gebraucht, davon 95% Ratten und Mäuse. In Österreich führen 140 Institute, hauptsächlich an den Universitäten, derartige Versuche durch. Die Pharma-Industrie hat sich selbst ethische Richtlinien auferlegt, die nach dem Grundsatz „Ehrfurcht vor dem Leben“ konzipiert sind und vor allem die Bewahrung des menschlichen Lebens als eine Verpflichtung erkennen, die auch notwendige Tierversuche der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung einschließt.

Auch für die pharmazeutische Industrie sind Tierliebe und Tierversuche nicht Gegensätze, sondern aufgrund der Sorge für den Menschen miteinander vereinbar. Die Industrie identifiziert sich mit dem Tierversuchsgedanken genauso, wie mit der Notwendigkeit der biomedizinischen Forschung.

Worum es geht, sind vertretbare Rahmenbedingungen. Denn ein Stopp der Tierversuche wäre zugleich ein Stopp der pharmazeutischen Forschung, die in den vergangenen Jahren im Dienst der Menschen bahnbrechende Resultate erzielt hat.

Zahlreiche ansteckende Krankheiten, die früher weitverbreitet waren, konnten zurückgedrängt werden: Typhus, Diphtherie, Syphilis, Cholera, Lungenentzündung, Tuberkulose sind dank der Medikamente, die mit Hilfe von Tierversuchen entwickelt werden konnten, heute in Westeuropa kaum noch Ursachen für Sterbefälle.

Aber auch in der Chirurgie haben Tierversuche Fortschritte gebracht: Hilfsmittel im Bereich der Narkose, der Blutersatzmittel, die Herz-Lungen-Maschine, die Schockbekämpfung und Einrichtungen für die Intensivbehandlung gäbe es nicht, hätte man sie vorher nicht jahrelang mit Hilfe von Versuchen entwickelt.

Viele chirurgische Eingriffe, oder der Ersatz von Hüftgelenken, von Herzklappen, Nieren und Herzkranzgefäßen, der Einsatz von Herzschrittmachern und Behandlung der Netzhautablösung, wären ohne vorherige Übung an narkotisierten Tieren nicht entwickelt worden.

Da bisher erst für etwa ein Drittel der bekannten Krankheiten Behandlungsmöglichkeiten gefunden wurden, werden auch in Zukunft Tierversuche notwendig sein.

Erfreulicherweise hat sich trotz der geringen Marktgröße in Österreich eine zwar kleine, doch sehr effektive Forschungstätigkeit entwickelt. Wenn Forschungsinstitute in ihrer Tätigkeit aber über den berechtigten gesetzlichen Rahmen eingeschränkt werden, suchen sie verständlicherweise nach neuen Standorten.

Erst vor kurzem ist das Forschungsinstitut eines großen internationalen Pharmakonzerns in Österreich geschlossen worden. Das ist bedauerlich und sollte uns daran erinnern, daß wir auf diesem Gebiet auch in Österreich stabile Rahmenbedingungen bieten müssen, wenn wir eine vorhandene Forschungskapazität auf dem Gebiet der Medizin und der Heilmittel nicht mutwillig zerstören wollen.

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