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Urangst vor dem Fernseher

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Gegenwärtig kann man in Kärnten das slowenische Fernsehprogramm aus Laibach nur in wenigen Orten östlich von Klagenfurt und nördlich der Drau bis in das Lavanttal empfangen. Die Mehrheit der Kärntner Slowenen wohnt jedoch im Gebiet südlich der Drau, wo der Empfang der Laibacher Sendungen durch die Karawanken behindert wird. In Slowenien hingegen kann das österreichische Fernsehen in einem Drittel der Republik empfangen werden: in Oberkrain, in der Untersteiermark und dm Übermiurgebiet, die verhältnismäßig großen Stadtgebiete von Laibach, Marburg, außerdem die kroatische Hauptstadt Agram eingeschlossen. Ein Gebiet also, das groß genug ist, um, wie man dort meint, österreichischerseits eine entsprechende „Gegenleistung“ zu rechtfertigen, also den Empfang des Laibacher Fernsehprogramms nördlich der Karawanken zu gewähren.

Da das Laibacher Fernsehen für die italienische Minderheit in Istrden schon ein Studio für Sendungen in italienischer Sprache in Köper (Capodistria) errichtet hat, dessen Ausstrahlung weit nach Norditalien reicht, dürften auch für den Empfang des slowenischen Fernsehens in Kärnten höchstens technische Hindernisse bestehen, glaubte man in Slowenien. Das Laibacher Fernsehen, dem schon öfters vorgeworfen wude, slowenischen Minderheiten in den Grenzländern außerhalb Jugoslawiens nicht genug Aufmerksamkeit zu widmen, schien sich nur vor der kostspieligen Einrichtung von Relaisstationen auf den Karawanken zu scheuen.

Der slowenische Schriftstellerverband richtete vor einiger Zeit einen offenen Brief an das Laibacher Fernsehen mit der Forderung, den Kärntner Slowenien den Empfang der Fernsehsendungen aus Laibach zu ermöglichen. Hierauf berief das Laibacher Fernsehen eine Pressekonferenz ein, auf der seine Sprecher erklärten:

Das Laibacher Fernsehen hat schon 1973 eine Studie über den Empfang slowenischer Sendungen aus Laibach in Kärnten erarbeitet. Darin wurde die Errichtung von zwei Relaissendern auf den Karawanken, und zwar auf dem Ofen (Pec, 1509 m) am Dreiländereck und auf dem Kahlkogel (Golica, 1836 m) vorgesehen. Zur Einrichtung von Relaisstationen in Grenzgebieten (gewöhnlich im 50 Kilometer breiten Grenzsaum), ist aber gemäß der internationalen Konvention und dem entsprechenden Koedex (Radio Regulation, Genf 1959) die Zustimmung der Nachbarstaaten, in diesem Falle Österreichs und Italiens, notwendig.

Beim Treffen technischer Experten des italienischen, österreichischen und jugoslawischen Fernsehens (RAI, ORF und JRT) im Dezember 1973 in Florenz wurde die Errichtung der erwähnten Relaissender auf den Karawanken abgelehnt, mit der Begründung, sie würden auf österreichischem Gebiet Störungen verursachen; man solle daher eine Studie über Hochfrequenzkanäle erarbeiten. Nachdem vom Laibacher Fernsehen eine solche Studie vorbereitet worden war, erklärten die österreichischen Vertreter beim Treffen von ORF, RAI und JRT in Innsbruck dm Juni 1975, eine Zustimmung würde ihre Vollmacht überschreiten. Hierauf schrieb der Vorsitzende des slowenischen Parlaments dn Laibach, Janez Vipotnik, einen Brief an Generalintendant Otto Oberhammer, schilderte ihm die ganze Problematik und bat um Vermittlung.

Im August 1975 gab das italienische Postministerium seine Bedingungen bekannt, unter denen es einer Aufstellung der Relaissender in den Karawanken zustimmen würde. In Laibach wurden die Bedingungen akzeptiert. Im November 1975 intervenierte die jugoslawische Bundesverwaltung für Radio-konwnundkation beim österreichischen Verkehrsministerium. Im Jänner 1976 erklärte die österreichische Generalpostverwalitung, daß eine Zustimmung zu Relaissendern auf den Karawanken unter den gegebenen Umständen nicht gegeben werden könne, man würde aber gerne zusätzliche Vorschläge erörtern.

Das Ladbacher Fernsehen ließ nach einem Zusammentreffen mit den Fachleuten des ORF diesem weitere Vorschläge für die Relaissender auf den Karawanken zukommen: zwei zusätzliche Hochfrequenzkanäle, welche das ORF-Netz nicht stören können. Dabei ist die Sache stehen geblieben.

Die Laibacher Parteizeitung „Delo“ erinnert in diesem Zusammenhang, an die Urkunde von Helsinki und an den Fall Südtirols, wo die italienische Regierung der Provinz Bozen erlaubte, auf italienischem Gebiet die Relaisstationen für den Empfang der ORF- und der ZDF-Programme aufzustellen, ferner an das 1972 in Wien unterzeichnete und von Jugoslawien 1974 ratifizierte jugoslawisch-österreichische Abkommen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Kultur, der Wissenschaft und der Ausbildung; im Art. 13 wird dort auch die Verbreitung der unmittelbaren Zusammenarbeit zwischen dem ORF und den jugoslawischen Fernsehzentren vorgesehen.

Was sollte auf den Karawanken so gefährlich sein, fragt schließlich die Laibacher Zeitung, daß die Relaissender des Ladbacher FeVnsehens auf österreichischer Seite solche „Störungen“ verursachen würden? Und: weil „jenseits“ von einer „Urangst“ schon soviel geredet wird, was sollte in einem auch dem Laibacher Fernsehen offenen Informationsraum eine Urangst anreizen? Ein offener Inf ormationsnaum selbst?

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