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Zwischen Italien und Slowenien

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Der Ordinarius von Triest und Capodistria, das heute in Jugoslawien liegt und den Namen Köper trägt, Bischof Antonius Santin, trat wegen seines hohen Alters von seinem Amt zurück. Papst Paul VI. hat, wie der „Osservatore Romano“ berichtete, seinen Rücktritt angenommen und den Erzbischof von Görz, Pietro Cocolin, zum Administrator von Triest ernannt.

Der zurückgetretene Bischof ist ein gebürtiger Istrianer. Er wurde 1895 in Rovigno (Rovinj) geboren, war von 1933 bis 1938 Bischof von Fiume (Ri-jeka) und wurde dann zum Bischof von Triest und Capodistria (Köper) ernannt, welche beiden Bistümer immer von einem Bischof, und zwar dem Triester, regiert werden.

Bischof Santin ist Istrianer, und zwar italienischer Istrianer. Wie alle italienischen Istrianer, die noch in der Monarchie geboren wurden, war auch Bischof Santin national-italienisch orientiert. Das bedeutete, daß er nicht immer volles Verständnis für die slowenischen und kroatischen Bewohner Istriens, soweit sie seine Diözese bevölkerten, besaß. Im faschististen Italien der Vorkriegszeit setzte er sich auch nur wenig für die kroatische und slowenische Minderheit seiner Diözese ein, eine Tatsache, die slowenische und kroatische Kreise verbitterte, während Linksund jugoslawische Kreise ihn wegen seiner konservativen religiösen Haltung ablehnten. Gewiß wurden hier nicht immer alle Tatsachen richtig dargestellt. So zum Beispiel meldete jetzt das Triestiner slowenische Tagblatt, als Bischof Sotin seinen Rücktritt angeboten hatte und dieser angenommen worden war, daß er in Wirklichkeit abgesetzt worden sei.

Das Schicksal Istriens und der italienischen Istrianer nach dem Zweiten Weltkrieg — rund 200.000 Italiener verließen ihre Istrianische Heimat und zogen nach Italien — trafen auch den Bischof Santin sehr schmerzhaft, da er sich doch mit seinen istrianischen Landsleuten verbunden fühlte.

Diese istrianischen Flüchtlinge bildeten überhaupt einen sehr schwierigen Punkt in den politischen .Beziehungen zwischen Italien und. Jugoslawien. Als sich diese Beziehungen zwischen der italienischen Mehrheit in Triest und der slowenischen Minderheit ständig besser entwickelten und auch seitens der Triester Demo-crazia Cristiana nicht nur zur

Kenntnis genommen, sondern auch weiter verbessert wurden, hielten sich Bischof Kantin. und sein Kreis gegenüber dieser Entwicklung eher verschlossen. Auch die slowenischen Gläubigen in Triest fanden eigentlich zuwenig Gehör bei ihrem Ordinarius. . ,

Seit der Abtretung der größten Teile Istriens an Jugoslawien gelangten jene Teije des Bistums Triest, die sich jetzt auf jugoslawischem Boden befinden, und das. Gebiet des Bistums Köper, das ja seit 1829 immer auch vom Triestiner Bischof regiert wurde, unter die Leitung von Administratoren. Der slowenische Teil dieser beiden Bistümer wurde Monsignore Janez Jenko, Titularerz-bischof von Akuflda, mit dem Sitz in Köper anvertraut, und der kroatische Teil Monsignore Dragutin Nezic, Bischof von Porec und Pula (Parenzo und Pola). mit dem Sitz in Pazin. Lange widersetzte sich Bischof Santin einer Trennung der Diözese Köper von Triest und der Ernennung eines slowenischen Diözesanbischofs in Köper, da er sich mit seiner istrianischen Heimat sehr verbunden fühlte. .

Durch die Ernennung des Erz-bischofs von Görz zum Apostolischen Administrator von Triest wird die kirchenverwaltungsmäßige Trennung zwischen Triest und Köper aber noch nicht durchgeführt. Die formalrechtliche Union bleibt weiterhin aufrecht. Das Bistum Triest ist ja nur ein Suffraganbistum der Erzdiözese Görz. Diese Erzdiözese im Rang einer Metropolis ist seit 1751 Nachfolgerin des Patriarchats von Aquileja für die österreichischen Teile dieses ehemaligen Patriarchats.

Erzbischof Pietro Cocolin von Görz wurde 1920 in Saciletto in der Gemeinde Ruda im Görzischeh geboren und 1944 zum Priester geweiht. Seit 1955 war Cocolin Erzpriester und Dechant in Aquileja und nachher in Monfalcone. 1967 folgte er dem Erzbischof Andrea Pangräzio auf den Stuhl des Heiligen Hilarius in Görz.

Erzbischof Pietro Cocolin erwies sich während seiner Amtszeit in Aquileja und Monfalcone als ein besonders guter Organisator der katholischen Jugendvereine. Als Erzbischof von Görz wurde er ein ganz großer Förderer des Missionsgedankens in der Kirche. Sein räumlich kleines Erzbistum unterhält derzeit eine eigene Missionsstation an der Elfenbeinküste.

Das Gebiet von Görz wird nicht nur von Italienern, sondern auch von Slowenen bewohnt. Erzbischof Cocolin war es deshalb nicht schwer, auch Slowenisch zu lernen. Er ist wegen der Kenntnis dieser Sprache bei.den slowenischen Gläubigen seiner Diözese ganz besonders beliebt. Deshalb dürfte er auch die richtige Persönlichkeit für das Amt eines Apostolischen Administrators in Triest sein. Wenn er auch die nationalen und ideologischen Verhältnisse in Triest nicht wird lösen können, so wird er sie sicherlich nicht nur meistern, sondern auch entschärfen können. Eine Entschärfung der Lage würde es schon bedeuten, wenn die Slowenen zum Beispiel ein apostolisches Zentrum oder eine slowenische Pfarrei, die bis jetzt nicht vorhanden sind, erhalten.

Wie lange Triest Erzbischof Cocolin als Apostolischen Administrator behalten wird, ist natürlich ungewiß. Ein großes Hindernis für die Ernennung eines eigenen Ordinarius für Triest mangelt an den Sprachkenntnissen eventueller Kandidaten. Denn es gibt unter dem einheimischen Klerus nur sehr wenige, die der slowenischen Sprache mächtig sind.

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