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Eckstein der polnischen Politik

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Hatte ue uaune aen ADgeoraneien des Sejm noch einmal die Zusammenarbeit vom Atlantik bis zum Ural empfohlen, samt einer Nachahmung von Frankreichs Versöhnung mit Deutschland, so pochte Gomulka seinerseits auf den „Eckstein der polnischen Politik“: auf las Bündnis mit Moskau und allen anderen sozialistischen Ländern, einschließlich der DDR. Aber zugleich ließ Gomulka seit langem zum erstenmal erkennen, daß er nicht nur an die Vergangenheit denkt, an die Enttäuschungen, die Polen einst mit westlichen Verbündeten erlebte, an Erfahrungen, „von denen sich kein Volk, niemand von uns, losreißen

kann“, sondern auch an den „morgigen Tag“/ Der wohl wichtigste Satz Gomulkas besagte, daß Frankreich zum erstenmal freundschaftliche Beziehungen zu Osteuropa eingehen könne, ohne ins Dilemma der Wahl zwischen Polen und seinem mächtigen Nachbarn im Osten zu geraten. Im blassen Schlußkommunique spiegelt sich das nur noch in dem Satz, daß sich beide Seiten einig seien, man müsse die Zusammenarbeit, auch die politische, „zwischen allen Ländern in Europa ermutigen“. Auch zwischen Bonn und Warschau? Gomulka sprach von seiner Bereitschaft zu normalen Beziehungen mit der Bundesrepublik, „wenn ihre

Staatspolitik von neuen, realistischen Voraussetzungen ausgeht“.

Zum erstenmal seit Jahren verzichtete Gomulka auf Polemik gegen Bonn — und er enthielt sich ihrer auch nach der Abreise de Gaulles, in seiner Rede in Sosnowiec am 17. September. Ahnt der alternde Parteichef, daß jene junge Generation, die de Gaulle in seiner Fernsehansprache die „Hoffnung Polens“ nannte, mit weniger inneren und äußeren Ängsten nach Mitteleuropa blicken wird? Spürt er den Ansporn, der in de Gaulles europäischer Vision trotz all ihrer Unklarheiten steckt?

Frankreichs und Polens gutes Verhältnis au Moskau erträgt heute diesen Stachel. Aber die Grenze der polnischen Möglichkeiten hegt genau dort, wo sie auch für Deutschland liegt, das mit Amerika verbündet ist. Beide, Deutschland und Polen, sind zu oft zwischen den Stühlen gelandet, als daß sie es sich leisten könnten, de Gaulles Visionen blindlings zu folgen. Die Voraussetzung eines Europa, wie es de Gaulle vorschwebt, wäre ein Klima des Vertrauens in Mitteleuropa. Der Schlüssel liegt weder in Paris noch in Warschau, sondern in Bonn, wo man noch nicht wagt, ihn zu benutzen.

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