Von einer Kirchengemeinschaft sind die evangelische und die römisch-katholische Kirche nach wie vor weit entfernt.
Die theologischen Lehrgespräche der vergangenen Jahrzehnte haben zwar manche Annäherung gebracht, aber zu keinem substanziellen ökumenischen Durchbruch geführt. Manche Hoffnungen richten sich darum auf die Ökumene in ethischen Fragen.
Gern verweist man auf das gemeinsame Engagement der Kirchen für die Menschenrechte und gegen Fremdenfeindlichkeit oder auf das Projekt eines gemeinsamen Sozialwortes.
Wie rasch freilich auch auf dem Feld der Ethik die Grenzen ökumenischer Übereinstimmung erreicht werden, zeigen die jüngsten kirchlichen Stellungnahmen zur Homosexualität.
Während sich die evangelische Kirche für die Abschaffung des Paragraphen 209 im Strafgesetzbuch einsetzt, der Homosexualität als "gleichgeschlechtliche Unzucht" bezeichnet und diese unter Strafe stellt, wenn eine der beiden Personen zwar älter als vierzehn, aber noch keine achtzehn Jahre alt ist, wendet sich die katholische Bischofskonferenz gegen jede Änderung dieses Paragraphen.
Die offizielle Begründung lautet, es gehe nicht um die Diskriminierung homosexueller Menschen, sondern um den Schutz der Jugend und der Ehe.
Die Bischofskonferenz liegt damit ganz auf der Linie des Bundeskanzlers, der kürzlich mit gleich lautenden Argumenten dem lutherischen Bischof Sturm öffentlich widersprach.
Dass der österreichische Homosexuellenparagraph international bereits mehrfach als menschenrechtswidrig kritisiert wurde, scheint Kanzler und Bischofskonferenz nicht sonderlich zu kümmern.
Im Zweifelsfall steht die katholische Glaubens- und Sittenlehre eben über den Menschenrechten. Von einem uneingeschränkten Einsatz der römischen Kirche für die Menschenrechte kann also nicht die Rede sein.
Ökumenisch ist das ein Problem.
Ulrich H. J. Körtner ist Professor für Syste-matische Theologie H.B. an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.
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