Ein Jahr nach den ökumenischen Turbulenzen, die durch das Dokument der römischen Glaubenskongregation "Dominus Iesus" ausgelöst wurden, hat die Evangelische Kirche in Deutschland eine Stellungnahme über "Kirchengemeinschaft nach evangelischem Verständnis" veröffentlicht.
Dieses neue Dokument spricht Klartext. Die Wurzel aller theologischen Differenzen zwischen den Kirchen in Einzelfragen - so lautet die Diagnose - liegt in einer unterschiedlichen ökumenischen Zielvorstellung.
Die Evangelische Kirche in Deutschland beruft sich auf das Modell der Kirchengemeinschaft der Leuenberger Konkordie, jener Gemeinschaft konfessionsverschiedener protestantischer Kirchen in Europa, der auch die Evangelischen Kirchen in Österreich angehören. Dieses Modell von Kirche als Kirchengemeinschaft ist mit der römisch-katholischen Vorstellung von der sichtbaren, vollen Einheit der Kirchen jedoch offensichtlich nicht kompatibel. Ausdrücklich wird der römisch-katholischen Auffassung von der Notwendigkeit und Gestalt des "Petrusamtes", dem Verständnis der apostolischen Sukzession, der Nichtzulassung von Frauen zum ordinierten Amt und nicht zuletzt dem Rang des Kirchenrechtes in der römisch-katholischen Kirche widersprochen.
Kardinal Kasper, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Förderung der Einheit der Christen, empfindet das EKD-Dokument als "sehr schroff" und tut es als "binnenprotestantisches Einheitsmodell" ab.
Der Ton im ökumenischen Dialog wird rauer. Ist das der Beginn einer neuen ökumenischen Eiszeit? Nicht unbedingt. Aber ganz offenkundig muss Ökumene völlig neu gedacht werden.
Auch in Österreich gibt es entsprechende Bemühungen. Was wir brauchen, ist ein neues ökumenisches Leitbild, aber auch den Mut, neue Schritte aufeinander zu zu wagen. Dialoge allein sind nicht genug.
Ulrich H. J. Körtner ist Professor für Syste-matische Theologie H.B. an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.
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