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Evangelische ohne Differenzen

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Etwa 30 Theologen aus neun Nationen, unter ihnen vier Bischöfe, waren kürzlich zu einem Lehrgespräch nach Gallneukirchen bei Linz gekommen. Der bayerische Landesbischof Johannes Hanselmann hatte zu einer Diskussion über „Amt und Ordination” eingeladen. Namhafte Professoren verschiedener Universitäten, so auch Professor Schütte vom Einheitssekretariat des Vatikans, hielten die einleitenden Referate, denen sich ausführliche Diskussionen anschlossen.

Die Zusammenkunft war ein Fortsetzungsgespräch zu der „Leuenber- ger Konkordie”. Mit dem übereinstimmenden Ergebnis, daß in der verschiedenen Lehre und Praxis der Ämter und Dienste und der Ordinationen zwischen lutherischen, reformierten und unierten Kirchen keine kirchentrennenden Lehrunterschiede mehr bestehen, endete das Theologengespräch. Als konkretes Ėrgebnis wurden 12 Thesen und ein „Arbeitsbericht vom Bischofsamt” verabschiedet.

Die Leuenberger Konkordie ist ein in mehrjähriger Beratungstätigkeit der evangelischen Kirchen Europas in Leuenberg bei Basel erarbeitetes Dokument. In diesem stellen die Lutherische und die Reformierte Kirche fest, daß die bestehenden Unterschiede der beiden Kirchen nicht mehr als kirchentrennend zu bezeichnen sind. Demnach gewähren einander seit Oktober 1974 diejenigen lutherischen, reformierten und unierten Kirchen Europas, die die Leuenberger Konkordie angenommen haben, Abendmahlsgemeinschaft, wobei die Treue zum eigenen Bekenntnis gewahrt werden soll.

Man war sich im klaren, daß über das Verständnis des Gottesdienstes, die Abendmahlspraxis und über Amt und Ordination in Zukunft Lehrgespräche geführt werden müssen. Ehrlicherweise muß erwähnt werden, daß, wie Bischof Hanselmann in seinem Einführungsvortrag erwähnte,

es auch scharfe Reaktionen gegen die Unterzeichnung des Dokumentes gegeben hat.

Die Evangelische Kirche A. und H. B in Österreich hat in der Generalsynode 1974 mit überwältigender Mehrheit die Zustimmung zu diesem Dokument gegeben, wobei ausdrücklich festgestellt wurde, daß durch diese Zustimmung die beiden Bekenntnisse, lutherisch und reformiert, gewahrt und auch die gemeinsame Kirchenverfassung unberührt bleiben. Für Österreich ist die Leuenberger Konkordie als eine Bestätigung des bisherigen gemeinsamen Weges beider Kirchen zu werten, die ja schon lange Abendmahls- und Kanzelgemeinschaft sowie gegenseitige Anerkennung der Ordination haben.

1976 trafen sich in Sigtuna in Schweden die reformatorischen Kirchen zu einem Gespräch über die Leuenberger Konkordie, wobei beschlossen wurde, in fünf Regionalgesprächen das Dokument weiter zu diskutieren. Ein solches Regionalgespräch fand nun in Gallneukirchen für Südosteuropa statt, bei dem man bestrebt war, an noch bestehenden Lehrunterschieden, die aber nicht als kirchentrennend gelten, weiter zu arbeiten.

Das Referat des römisch-katholischen Theologen Prof. Heinz Schütte war an den Beginn der Tagung gesetzt. Er versuchte, das Verständnis seiner Kirche zum Fragenkomplex darzulegen. Dabei muß bedacht werden, daß die römisch-katholische Kirche die Ordination, sprich Priesterweihe, als Sakrament wertet. Wie Professor Schütte betonte, konnte man sich mit den lutherischen Kirchen darüber einigen, „wobei es nicht” wie er wörtlich sagte, „um eine Einigung im Wort, sondern um eine Einigung in der Sache geht, das heißt, daß unter Gebet und Handauflegung die Gabe des Heiligen Geistes dem künftigen Amtsträger erbeten und zuteil wird.”

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