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Immer die BAWAG

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Einen „privaten Giganten“ nannte sie „Furche“-Chefredakteur Willy Lorenz im August und forderte ihre Verstaatlichung.

Vor der „Götterdämmerung“ sah sie die unabhängige Grazer „Kleine Zeitung“ am 11. November 1970, knapp nach dem Ausbruch des Wiener Pressekrieges.

Und der von Dr. Kreisky zur „Express“nSanierung nach Wien geholte deutsche Journalist ' Ewald Struwe klagt: „Um zwei Erfahrungen reicher, bin ich aus Wien heimgekehrt: Ich weiß nun, wie es sich unter einer gewerkschaftlichen Diktatur lebt. Ich weiß nun, welche Bewegungsfreiheit in einem sogenannten demokratischen Land verbleibt, in dem die Gewerkschaften alle Zügel in der Hand halten.“ Die Rede ist von der drittgrößten Aktienbank Österreichs, der Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (BAWAG), die im vergangenen Jahr laut „Arbeit und Wirtschaft“ ein Rekord jähr verzeichnete, mit einer rund 7,9 Milliarden Schilling großen Bilanzsumme, mit um 15,8 Prozent höheren Gesamteinlagen als im Jahr zuvor. Diese Bank und ihr Generaldirektor Prof. Fritz Klenner (sein Vertrag läuft im Jahre 1973 ab) stehen nicht im Mittelpunkt, aber im Hintergrund der hohe Wellen schlagenden „Causa Express“. Besonders intensiv hat sich die BAWAG um den Ausbau und die Entwicklung ihrer Beteiligungen gekümmert:

• Die „Astris“, welche die Geschäftsbeziehungen mit Isreal fördern soll, hat ihre Geschäftstäitigkeit aufgenommen.

• Die „Realinvesf'-Grundstücksver-wertungsges. m. b. H. beschäftigt sich vorwiegend mit der Förderung von Investitionsvorhaben der Konsumgenossenschaften.

• Die „Verkebrskreditbank AG“, welche auf Initiative der BAWAG

im Verein mit den ÖBB gegründet wurde, soll Frachtstundungskredite gewähren.

Die im Herbst 1967 gemeinsam mit der Bank für Gemeinwirtschaft (Deutscher Gewerkschaftsbund) und der jugoslawischen Bank für Außenhandel gegründete „Internationale Handels- und Treuhandelsgesell-sohaft m. b. H. (IHT) zeigt bereits im zweiten Jahr ihres Bestehens eine erfolgreiche Gebarung. Schließlich kommt noch einiges hinzu:

• Die „Ingebe“-Industrie- und Ge-werbebeteiligungsges. m. b. H. mit einem Aktienkapital von S 25,180.000, das zu 100 Prozent der BAWAG gehört.

• Über die „Ingebe“ das von Fritz Molden erbaute Pressehaus (50 Prozenit — 49 Prozent gehören den „Kronen-Zeitung“-Chefs Dichand und Falk mit einer Option auf das fehlende eine Prozent).

• Schließlich die Elbemühl-G-raphl-ische-lndustrieges. m. b. H., die am 17. Juni mit der Pressehaus Wien Großdruckerei und Verlagsges. m. b. H. verschmolzen wurde und damit erlosch.

Diese ungeheure Machtfülle, ihre Verquickung mit Interessen des nach außen unabhängigen österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Sozialistischen Partei machen den Ruf, den die „Furche“ bereits einmal erhoben hat, nor allzu verständlich. Daß jetzt im Fall „Express“ wiederum die Bank für Arbeit und Wirtschaft im Hintergrund des Geschäftes und im Vordergrund der Kritik steht, sollte allein schon Legitimation genug dafür sein, mehr Öffentlichkeit, mehr Offenheit und schließlich auch mehr Gerechtigkeit zu verlangen — alles Dinge, die bester sozialdemokratischer Tradition entspringen und auch in diesem Falle zur Geltung gebracht werden sollten.

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