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Die deutsche Justizministerin will heimliche Vaterschaftstests verbieten. Auch in Österreich ist deren Illegalität nicht vollkommen unstrittig - während das Geschäft mit der väterlichen Angst vor Kuckuckskindern blüht.

Günter Tews hat neuerdings einen Lieblingswitz: "Drei Häftlinge unterhalten sich. Der eine sagt: ,Ich habe sechs Monate für einen schweren Diebstahl.' Der zweite: ,Ich habe neun Monate für einen leichten Überfall.' Und der dritte: ,Ich habe ein Jahr bekommen, weil ich wissen wollte, ob mein Kind von mir ist.'" Lachen kann der Linzer Rechtsanwalt freilich nicht über diesen Gag. Zu sehr liegt ihm der Vorstoß der deutschen Justizministerin Brigitte Zypries (spd) im Magen, heimliche Vaterschaftstests nicht nur verbieten zu wollen, sondern sogar mit einem Jahr Gefängnis zu ahnden. "Das halte ich für maßlos überzogen", so Tews.

Auch wenn Zypries mittlerweile von der Gefängnis-Forderung abgekommen ist, so hat sie doch für nachhaltige Aufregung gesorgt. Auslöser ihrer Initiative war der Boom an privaten Labors, die großflächig für schnelle, billige und sichere Vaterschaftstests werben. Wie groß der Markt für solche Tests ist, kann nur geschätzt werden: Die vermutete Häufigkeit von "Kuckuckskindern" liegt zwischen fünf und 20 Prozent.

Unnützer "Beweis"

Mittwoch vergangener Woche platzte schließlich ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs in die Debatte: So wird künftig ein heimlicher dna-Test nicht einmal als "Anfangsverdacht" für eine Vaterschaftsklage akzeptiert. Solche Tests würden "gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung" verstoßen und seien deshalb rechtswidrig, heißt es.

Glaubt man Michael Stormann, Leiter der Abteilung Familienrecht im Justizministerium, dann ist die rechtliche Situation in Österreich ähnlich restriktiv. "Für Österreich steht als einigermaßen gesicherte Meinung fest, dass diese Tests der Zustimmung aller Betroffenen bedürfen", erklärt Stormann. Besorgte Väter dürften etwaige Proben wie Mundhöhlenabstriche, Schnuller, Zahnbürsten oder Haare samt Haarwurzel gar nicht zwecks Privatgutachten an Labors schicken: "Der Ehemann kann nicht als gesetzlicher Vertreter des Kindes einem solchen Test zustimmen." Ohne einen, vom Gericht für das Kind bestellten "Kollisionskurator" wäre ein solcher Test "eine Persönlichkeitsverletzung oder Datenschutzverletzung auf Seiten des Kindes" - und damit illegal. Bisher habe es in Österreich freilich keine Gerichtsentscheidung in einer solchen Frage gegeben, so Stormann.

Entsprechend sieht die Praxis aus: So müssen die Kunden auf der Homepage eines privaten, österreichischen dna-Labors bei Vertragsunterzeichnung zwar versichern, "dass die Teilnahme am Test durch alle Beteiligten freiwillig erfolgt". Ein Hinweis auf einen notwendigen "Kollisionskurator" für das Kind fehlt allerdings.

Auch unter den Juristen selbst ist die Illegalität heimlicher Tests nicht unumstritten. "Das ist eine Frage der Rechtsauffassung", glaubt Günter Tews. So würden manche Gerichte durchaus einen heimlichen Test als Klagsgrund akzeptieren. Der eigentliche Beweis der Vaterschaft müsse freilich in einem gerichtlich angeordneten Gutachten erfolgen (siehe Kasten). Auch er selbst habe seinen Klienten gelegentlich zu einem heimlichen Test geraten, gibt der Anwalt zu. "Kommt heraus, dass der Mann der Vater ist, dann ist er beruhigt. Und dann ist auch diese emotionale Auseinandersetzung nicht mehr notwendig, die ein gerichtlicher Test mit sich bringt."

Eine Ansicht, die Manfred Seiss, Geschäftsführer des Salzburger "Privatinstituts für dna-Analysen", nur teilen kann: "Ich kann natürlich eine Frau kompromittieren, indem ich ihr den Verdacht ins Gesicht sage. Bei heimlichen Tests, wie sie in Deutschland erlaubt waren, weiß die Frau hingegen nichts davon, man bekommt das Gutachten und ist wie neu geboren", meint Seiss, der seit sechs Jahren Vaterschaftstests anbietet und mittlerweile 20 Mitarbeiter beschäftigt. Wie viele Tests (Preis: 500 Euro) pro Jahr analysiert werden, will er nicht verraten - nur so viel. "Es werden immer mehr."

Die ehemaligen "Monopolisten" betrachten die Entwicklung dieses "riesigen Marktes" naturgemäß mit Skepsis: So würden etwa im Department für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Wien jährlich nur noch rund 100 - großteils gerichtlich angeforderte - Vaterschaftsgutachten (Kostenpunkt: rund 1.300 Euro) bearbeitet, erzählt Departments-Leiter Manfred Hochmeister. "Der Großteil der Tests wurde von Privatlabors abgezogen." Während andere in der gegenwärtigen "rechtlichen Grauzone" gutes Geld verdienten, weise sein Institut heimliche Tests - "schweren Herzens" - zurück.

Waffe im "Rosenkrieg"

Auch Elfriede Waas beobachtet diese "unglaubliche Geschäftemacherei" mit Argwohn. Oft werden Zweifel an der Vaterschaft erst im "Rosenkrieg" schlagend, weiß die systemische Familientherapeutin. "Die Frage ist dann: Welcher Krieg wird über dieses Thema geführt?" So verständlich der Wunsch der Väter sei, ihre Zweifel auszuräumen, so berechtigt sei die Kränkung der Mütter: "Ich kenne auch die Geschichte einer Frau, die gesagt hat: Selbstveständlich mache ich einen Vaterschaftstest, aber egal wie er ausgeht - wir sind geschiedene Leute."

Das mit 1. Jänner geänderte Kindschafts- und Abstammungsrecht könnte indes manche Konflikte vermeiden helfen. Zum einen gelten Kinder nicht mehr wie bisher ab 302 Tagen nach der Scheidung, sondern schon am Tag darauf als unehelich. Zahllose Vaterschaftsbestreitungsklagen fallen damit weg. Zum anderen gibt es nun die Möglichkeit, dass Väter eines unehelichen Kind von sich aus einen Antrag bei Gericht stellen können, als Vater festgestellt zu werden. "Dann wird der Beweis mittels dna-Test geführt - und man wird als Vater festgestellt", erklärt Michael Stormann. "Das macht ja keinen schlechten Eindruck. Finden Sie nicht?"

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