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Die Eliten in Deutschland
WANDLUNGEN DER DEUTSCHEN ELITE. Ein Zlrkulatlunsmodell deutscher Führangs-gr uppen 191 Ms 1961. Von Wolf gang Zapf. Verlag R. Piper & Co., München. 226 Selten. Preis 24.- DM.
Jede Gesellschaft wird von Minderheiten geführt. Je mehr den führenden Gruppen Einflußinstrumente verfügbar sind, um so eindeutiger kann eine Gesellschaft manipuliert werden.
Auch die Demokratie ist keine Herrschaft der vielen über viele, sondern sieht eine Führungshierarchie, zumindest eine vertikale Gliederung nach Funktionspotenzen vor. Aus diesem Grund bedarf auch eine demokratische Gesellschaft eingehender Kenntnis der Natur der Eliten und der Gesetze ihrer Zirkulation.
Im vorliegenden Buch (Band 2 der Studien zur Soziologie, herausgegeben von R. Dahrendorf) ist der Verfasser bemüht, mittels eines Zirkulationsmodells das Wesen der deutschen Führungsgruppen von 1919 bis 1961 zu untersuchen, zu welchem Zweck er sich der Methode der empirischen Sozialforschung bedient, im besonderen eines sogenannten Zirkulationsmodells. Dieses Modell beruht auf einem Tableau von 300 Spitzenpositionen, deren Inhaber nach Zugang und Abgang untersucht werden.
Die Untersuchung der Eliten ist mit erheblichen Schwierigkeiten
verbunden, weil sowohl die tendenzielle Eindeutigkeit der Integration fehlt (es gibt nicht die Führungsgruppe, ausgenommen als Folge von Organisation) als auch die für die Soziologie erforderliche große Zahl.
Trotzdem sind die vorgelegten Untersuchungsergebnisse, die gleichzeitig ein Segment der Zeitgeschichte darstellen, von einer derartigen Qualität, daß sie eine Art Gesetzlichkeit in der Bildung und im Absterben der Eliten anzeigen, wenn auch nicht übersehen wird, daß die soziologische Methode Grenzen für ihre Untersuchungen vorfindet.
Der Verfasser sieht die Oberschichte in dreifacher Form ausgegliedert, als eine (tatsächlich) herrschende, als eine wirtschaftliche und als eine Prestigeschichte. Gleichzeitig wird die Arbeit in die Untersuchung der Oberschichte in der Weimarer Republik, im Dritten Reich und in der Bundesrepublik aufgegliedert. Zur Oberschichte selbst werden jene Personen gerechnet, die einen offenkundigen ge-
samtgesellschaftlichen Einfluß oder eine wesentliche Entscheidungsmög-. lichkeit in der Gesellschaft haben.
Die vorgelegten Materialien sind außerordentlich interessant und stellen eine Korrektur gewisser historisch-politischer Interpretationen dar. Die Neukonstitution der deutschen Gesellschaft, sowohl nach 1918 als auch (in einem erheblich geringeren Umfang) nach 1945, haben die Absterbeordnung in der Groß-gfuppe der Eliten erheblich gewandelt. Dafür werden vom Verfasser umfangreiche Beweise angeboten. Die Zirkulation der deutschen Eliten ist ihrer Natur nach die Folge einmaliger Determinanten, eine atypische, ein Umstand, der seinen Niederschlag in politischen Ereignissen und in der zeittypischen Eigenart der bundesdeutschen Gesellschaft gefunden hat.
Die Arbeit wird mit einer Darstellung der Entwicklung der empirischen Eliteforschung eingeleitet.
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