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Kampf dem Preisauftrieb!

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Die Konjunkturaussichten in unseren wichtigsten Partner-landern werden heute vielfach giinstiger beurteilt, als dies noch vor Jahresende 1971 der Fall war. Mafigebend hiefiir ist eine gewisse Entspannung der Weltwahrungslage durch die Neufest-setzung der Wechselkurse. Auch die zunachst drohende Gefahr eines internationalen Handelskrieges erscheint wieder gebannt. Dies wird fiir den Konjunkturverlauf in Osterreich nicht ohne Riickwirkungen bleiben.

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Die Konjunkturaussichten in unseren wichtigsten Partner-landern werden heute vielfach giinstiger beurteilt, als dies noch vor Jahresende 1971 der Fall war. Mafigebend hiefiir ist eine gewisse Entspannung der Weltwahrungslage durch die Neufest-setzung der Wechselkurse. Auch die zunachst drohende Gefahr eines internationalen Handelskrieges erscheint wieder gebannt. Dies wird fiir den Konjunkturverlauf in Osterreich nicht ohne Riickwirkungen bleiben.

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Nicht wahrscheinlich. Dazu war zu Jahresbeginn fiir das Jahr 1972 ein betrachtldcher Zahlungsbilanziiber-schuB zu erwarten und damit eine weitere Ausdehnung des inlandi-schen Geldvolumens zu befiirchten.

Die direkte EinfluBnahme der Notenbank auf das Geldvolumen und damit auf das Wahrungs-geschehen in Osterreich ist durch die Liberalisierung des Kapitalver-kehrs und durch die bestimmenden Einfliisse der Sozialpartner und der offentlichen Haushalte auf die Expansion der Masseneinkommen in der derzeitigen Konjunkturphase sehr beschrankt. Es ist dies ein Bei­spiel fur die steigende Interdepen-denz von wirtschaftlichen Sachver-halten und der notwendigen Solida-ritat der fur die Wirtschaftspolitik Verantwortlichen. Insbesondere in der Wahrungspolitik ist in kritischen Phasen ein betont koordindertes Vorgehen norwendig.

Diese Einsicht veranlaflte die Osterreichische Nationalbank, bei der Wirtschaftspolitischen Aus-sprache mit der Paritatischen Kom-missdon am 12. Janner ein solches gemeinsames Vorgehen zwischen dem Finanzminister, den Sozialpart-nern und der Notenbank im Inter-esse einer grofieren Efflzienz der MaBnahmen vorzuschlagen. Eine wichtige Etappe dazu sind die jtingst unter Einbeziehung des Kreditapparates ergriffenen viel-schichtigen MaBnahmen: Die Oster­reichische Nationalbank hat mit Wir-kung vom 1. Februar 1972 die Satze fiir Mindestreserven um 1 Prozent erhdht sowie Kassen-scheine im Nominale von 1 Mil-liarde Schilling begeben. Im Zu-sammenhang mit der vom Bundes-ministerium fiir Finanzen in Aus-sicht genommenen Begebung von Bundesobligationen in Hohe von 1 Milldarde Schilling und der auf un-

Die positiven Aspekte der gunsti-gen Konjunkturerwartungen diirfen aber nicht iiber die negativen Aus-wirkungen auf die Erhaltung einer stabilen Wahrung hinwegtauschen. Der Bekampfung des Preisauftriebs muB daher noch mehr als bisher Prdoritat eingeraumt werden. Oster­reich droht sonst eine iiber den Durchschnitt der OECD-Lander hin-ausgehende Inflationsrate.

Sollten also vom AuBenhandel neuerlich expansive Impulse auf die binnenwirtschaftliche Entwicklung Osterreichs ausgehen, bevor die erst langsam fuhlbar werdende Kon-junkturberuhigung eine Milderung des Preisauftriebs mit sich gebracht hat, so ware dies eine Entwicklung, die keineswegs untatig hingenom-men werden kann. Auf jeden Fall ist zu verhindern, daB eine 4prozentige bis 5prozentige Preissteigerungsrate auch fiir die Zukunft in Kauf ge-nommen wird. Die weitere Entwick­lung ist um so bedrohlicher, als nach einer beredts acht Quartale hindurch anhaltenden Inflationsrate in dieser Hohe damit gerechnet werden muB, daB die Einfuhrung der Mehrwert­steuer mit Jahresbeginn 1973 auch fiir dieses Jahr eine relativ hohe Teuerungsrate bringen wird.

Im vergangenen Jahr zeigten die Masseneinkommen den starksten und anhaltendsten Zuwachs seit 1956. Von dieser Einkommensent-wicklung ist der schon bisher starke Kostenauftrieb durch einen NachfragestoB noch verscharft worden. Abgesehen davon, daB die bloBe Feststellung, die Teuerung ware im abgelaufenen Jahr in Osterreich ge-ringer gewesen als in den meisten westlichen Industrielandern, vom gesamtwirtschaftlichen Standpunkt wenig befriedigend ist, konnte sich die Entwicklung schon in naher Zu­kunft zuungunsten Osterreichs ver-andern. Wenn dazu noch die Arbeit-nehmer, die sich in ihren Einkom-menserwartungen nicht nur durch die Teuerung, sondern auch durch die Auswirkungen der Steuerpro-gression beeintrachtigt fuhlen, in ihren Forderungen iiber das AusmaB der letzten Lohnrunde hinausgehen, so steht dies gleichfalls im Gegen-satz zu verschiedenen anderen Indu­strielandern, wo sich diesbezuglich allmahlich eine MaBigung bemerk-bar macht.

Wenn trotz einer sehr starken Kreditausweitung die Liquiditat so hoch gehalten werden konnte wie zu Jahresbeginn, so war dies neben den starken Einlagenzuflussen darauf zu-riickzufiihren, daB die Kreditunter-nehmungen die aus dem Auslands-zahlungsverkehr anfallenden Devi-seniiberschusse unmittelbar in Zen-tralbankgeld umgewandelt und iiberdies ihre Fremdwahrungs-position gegeniiber dem Ausland wesentlich abgebaut haben. Ein RuckfluB der aus diesen Titeln im Jahre 1971 entstandenen Inlands-liquiddtat ins Ausland ist vorerst

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