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„Realistischer Optimismus“

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Berzeugt, daB auch 1972 Osterreich eine erfreuliche Wirtschaftsentwick-lung bringen wird. Das Osterreichische Institut fiir Wirtschaftsforschung nimmt in sei­ner jiingsten Prognose an, daB die Wachstumsrate der osterreichischen Wirtschaft im Jahre 1972 real 4 Pro­zent betragen wird. Tatsache ist, daB der eine Zeitlang vorherrschende Skeptizismus fiir die Entwicklung im Jahre 1972 wieder gewichen ist und man mit gewisser Berechtigung an-nehmen kann, daB Osterreich auch im Jahre 1972 im Spitzenfeld der Industrielander Europas zu finden sein wird. Die osterreichische Kon­junktur wird hauptsachlich vom pri-vaten Konsum und von den offent-lichen Investitionen gestiitzt werden. Die Regierung ist gerustet, um einer allfalligen Verlangsamung des Wirt-schaftswachstums durch entspre-chende Impulse entgegenzuwirken. Die optimistischen Prognosen bedeu-ten nicht, daB das Jahr 1972 problem-los vorbeigehen wird. Nicht nur die Preise werden Schwierigkeiten be-reiten, regionale und sektorale Strukturschwachen der osterreichi­schen Wirtschaft werden in gewissen Bereichen vielleicht auch Betriebs-stillegungen unvermeidbar machen und Umstellungsschwierigkeiten ver-ursachen. So sehr diesen Problemen entsprechende Aufmerksamkeit ge-widmet werden muB, wird es sich da­bei doch aller Voraussicht nach nicht um ein Gesundschrumpfen, sondern um ein Gesundwachsen handeln, das im Interesse der Sicherung der Wett-bewerbsfahigkeit der osterreichischen Wirtschaft unvermeidbar wird.

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Berzeugt, daB auch 1972 Osterreich eine erfreuliche Wirtschaftsentwick-lung bringen wird. Das Osterreichische Institut fiir Wirtschaftsforschung nimmt in sei­ner jiingsten Prognose an, daB die Wachstumsrate der osterreichischen Wirtschaft im Jahre 1972 real 4 Pro­zent betragen wird. Tatsache ist, daB der eine Zeitlang vorherrschende Skeptizismus fiir die Entwicklung im Jahre 1972 wieder gewichen ist und man mit gewisser Berechtigung an-nehmen kann, daB Osterreich auch im Jahre 1972 im Spitzenfeld der Industrielander Europas zu finden sein wird. Die osterreichische Kon­junktur wird hauptsachlich vom pri-vaten Konsum und von den offent-lichen Investitionen gestiitzt werden. Die Regierung ist gerustet, um einer allfalligen Verlangsamung des Wirt-schaftswachstums durch entspre-chende Impulse entgegenzuwirken. Die optimistischen Prognosen bedeu-ten nicht, daB das Jahr 1972 problem-los vorbeigehen wird. Nicht nur die Preise werden Schwierigkeiten be-reiten, regionale und sektorale Strukturschwachen der osterreichi­schen Wirtschaft werden in gewissen Bereichen vielleicht auch Betriebs-stillegungen unvermeidbar machen und Umstellungsschwierigkeiten ver-ursachen. So sehr diesen Problemen entsprechende Aufmerksamkeit ge-widmet werden muB, wird es sich da­bei doch aller Voraussicht nach nicht um ein Gesundschrumpfen, sondern um ein Gesundwachsen handeln, das im Interesse der Sicherung der Wett-bewerbsfahigkeit der osterreichischen Wirtschaft unvermeidbar wird.

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Diese Strukturverbesserung, die im Rahmen der Industriepolitik und der ubrigen Wirtschaftspolitik syste-matisch gefordert wird, ist um so vordringlicher, als 1972 voraussicht-lich das letzte Jahr der Vorbereitung fiir die Anforderungen an den schar-feren Wettbewerb sein wird, der sich im Gefolge der Integrationspolitik ab 1973 ergeben wird. Scharferer Wett­bewerb wird sich nicht nur im Ge­folge der Integrationspolitik, sondern auch der Liberalisierung unseres Handels zu den ubrigen Landern er­geben. Die Anpassung mag mitunter unangenehm sein, wird jedoch im Endeffekt zu einer Steigerung des Wohlstandes aller beitragen.

Im Inland wird die Umstellung auf diesen scharferen Wettbewerb durch eine verbesserte Forderungspolitik des Bundes fiir verschiedene Wirt-schaftszweige erleichtert. Gleichzei­tig wird die Fertigstellung der Ge-werberechtsreform und die wett-bewerbsfordernde Konsumentenpoli-tik'des Bundes zur Anpassung an die neuen Verhaltnisse beitragen. Durch die Entwicklung eines industriepoli-tischen und diagnostischen Instru-mentariums werden die Bundesbe-hbrden in die Lage versetzt, Gefah-renherde rechtzeitig zu erkennen und die Initiative zur Abhilfe zu ergrei-fen. Im Vordergrund aller dieser Be-muhungen zur Forderung der ver-mutlich erfreulichen wirtschaftlichen Entwicklung im Jahre 1972 wird das Bemuhen der Behorden stehen,' Service fur die Wirtschaft zu bieten und gesunde Initiativen zu fordern.

Als im Amerika der dreiBiger Jahre das erwartete Ende der Wirtschaftskrise nicht und nicht kommen wollte, versuchte man die Bevolkerung mit dem Schlagwort ..prosperity is round the corner“ zu beruhigen. Im Osterreich der Gegenwart laBt der erwartete Riickschlag ebenso lange auf sich warten, und hier pragen die Wirtschaftsprognostiker seit Jahren gewisser-maBen, wenn auch nicht wortlich so . formuliert, den Slogan ..recession is round the corner“. Doch so wenig wie damals der Optimismus in den amerikanischen Prognosen durch die Reali-tat bestatigt wurde, so wenig wird heute der Pessimismus in den osterreichischen Prognosen bestatigt.

Jahresende geringer als im Dezem-ber 1970, der bereits als erfreulicher Rekord gewertet wurde. Die Situa­tion auf dem Arbeitsmarkt freilich blieb angespannt. Das gunstige Kon-junkturbild wurde eigentlich nur durch das unerfreuliche AusmaB der Preissteigerungen etwas getriibt. Die Verbraucherpreise waren im Jahres-durchschnitt 1971 um 4,7 Prozent hbher als im Vorjahr. Die durch-schnittliche Preissteigerungsrate in den europaischen OECD-Landern betrug allerdings 6 Prozent, so daB Osterreich — so unangenehm diese Entwicklung ist — im europaischen Durchschnitt auch im Hinblick auf die Teuerungsbekampfung verhalt-nismaBig gut abschneidet.

Es ware sicher vermessen zu be-haupten, daB diese Entwicklung aus­schlieBlich auf die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zuriickzufuhren ware. Die erfreuliche Entwicklung dokumentiert aber doch zumindest, daB die gegebenen Chancen opti­mal genutzt wurden und von der staatlichen Wirtschaftspolitik wesentliche Impulse ausgegangen sind.

Ich war immer Optimist, die Ent­wicklung hat meinen Optimismus bisher bestatigt, und ich bin davon

Bei Amtsantritt der Regierung Kreisky im Fruhjahr 1970 prophe-zeite man fiir den Herbst jenes Jah­res einen empfindlichen Wirtschafts-riickschlag. Das Eintreffen dieser pessimistischen Prognose wurde schlieBlich auf das Fruhjahr 1971, dann auf den Herbst 1971 und schlieBlich auf das Jahr 1972 vertagt. Trotz des Prognosepessimismus brachte die tatsachliche wirtschaft-liche Entwicklung jedoch kaum er-hoffte Rekorde. Osterreich befindet sich, im Vergleich zu den anderen europaischen Industrielandern, un-verandert auf der Uberholspur.

Das osterreichische Sozialprodukt wuchs, wie den letzten Berichten des Instituts fiir Wirtschaftsforschung zu entnehmen ist, 1971 um real 5'/s Pro­zent und erzielte damit das starkste Wirtschaftswachstum unter den westlichen Industrielandern. In den europaischen OECD-Landern wuchs die Wirtschaft im gleichen Zeitraum beispielsweise durchschnittlich nur um SV Prozent. Hauptstiitzen der osterreichischen Konjunktur waren 1971 die Investitionen, die Bauwirt­schaft, der Fremdenverkehr und auch die Industrieproduktion. Der Export konnte den Zuwachsrekord des Jah­res 1970 nicht halten, entwickelte sich aber dennoch verhaltnismSBig be-friedigend. Die Zahl der Beschaftig-ten erreichte im September des Vor-jahres mit 2,520.000 Rekordhohe, die Zahl der Arbeitslosen war noch zum

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