7071078-1993_01_06.jpg
Digital In Arbeit

Wir erhohen nicht, wir lassen erhohen

Werbung
Werbung
Werbung

Kein okonomisch halbwegs gebildeter Mensch wird die Frage stellen, warum es unserer Regierung nicht gelungen sei, die internationale Flaute von den Gestaden Osterreichs abzuweh-ren. Berechtigterweise kann hin-gegen die Frage gestellt werden, welche Reserven sie in die Schlacht werfen konnte, sollte die Flaute etwas kraftiger aus-fallen, als derzeit alle erwarten (und hoffen). Denn daB die Regierung nach einem Jahrzehnt Hochkonjunktur schon jetzt ihr Budget nur durch das Ausrau-men gefiillter Topfe (fiir andere Zwecke) und eine die Intelligenz der Wahler beleidigenden Interpretation des Versprechens, in dieser Legislaturperiode keine Steuern mehr zu erhohen, halbwegs ins Trockene bringen konnte, macht bange.

Gut, daB Beitrage und Gebiih-ren, auch wenn sie Steuercharak-ter haben, nicht in das Verspre-chen fallen, daran haben wir uns gewohnt. Aber was anderes als eine saftige Steuererhohung ist es, wenn im nunmehr funften Jahr die Inflationsanpassung des Lohn- und Einkommensteuerta-rifs 1988 unterbleibt, obwohl dadurch Einkommensbezieher in Progressionsstufen rutschen, die urSprunglich nur fiir Besserver-dienende vorgesehen waren?

Und wie soil man folgende MaBnahme qualifizieren, die bisher kaum registriert wurde: 1976 wurde die saftige Erhohung der

Kfz-Steuer damit begriindet, daB der Bund den Landern eine Mil-liarde Schilling fiir den Ausbau des offentlichen VerkehrS zur Verfiigung stellen miisse („Nah-verkehrsmilliarde”). Mittlerweile sind aus der einen gut zwei Mil-liarden geworden. Geld genug offenbar, um dafiir die Frage nach der Redlichkeit von Regie-rungsversprechen in Kauf zu nehmen. Ab Mai 1993 „naht” sich namlich der Finanzminister auch diesen Teil der Kfz-Steuer weitgehend ein und raumt dafiir den Landern das Recht ein, einen „Landeszuschlag” (!) zur Mine-ralolsteuer im AusmaB bis zu 50 Groschen pro Liter Kraftstoff einzuheben. Wovon die Lander, sollen ihre Ballungsgebiete nicht im Individualverkehr ersticken, auch Gebrauch machen miissen.

Formal hat die Regierung damit ihr Versprechen, „wir erhohen in dieser Legislaturperiode die Mineralolsteuer nicht mehr!” erfullt. Sie erhoht nicht, sie laBt (andere) erhohen...

P.S.: Zumindest fiir die Wiener Autofahrer gibt es auch eine gute Nachricht. Wer sein Autowrack nicht in den Wienerwald wirft, sondern der MA 48 zur kostenlo-sen Entsorgung meldet, bekommt 200 Schilling Belohnung.

Da werden sich die Besitzer eines Kiihlschrankwracks aber freuen, die fiir die Entsorgung 500 Schilling zahlen miissen. Ist ja auch viel groBer so ein Kiihl-schrank, oder?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung