6676498-1961_24_14.jpg
Digital In Arbeit

SCHULFERNSEHEN

Werbung
Werbung
Werbung

Es ist anscheinend unvermeidlich, daB fiberall dort, wo das Fernsehen eine gewisse Verbreitung gefunden hat, der Ge- danke des „Schulfernsehens" auftaucht: Es sollen also auf den Schulunterricht abgestimmte Fernsehsendungen produziert werden, die dann im Rahmen der Schule von Schiilern und Lehrern gemeinsam gesehen und in den Unterricht eingebaut werden.

Dabei ist nicht immer recht ersichtlich, ob dieser Gedanke mehr von der Schule oder mehr vom Fernsehen forciert wird. Am wenigsten durften jedenfalls seine Urheber unter den un- mittelbar Betroffenen, namlich den Lehrern und Schiilern. zu finden sein, von denen ja durchaus der Wunsch nach einem neuen Unterrichtsbehelf kommen konnte.

weifellos kommt der Verwendung der Lehrmittel Lichtbild und Unterrichtsfilm (deren weite Verbreitung in Osterreich insbesondere der Bundesstaatlichen Hauptstelle fiir Lichtbild und Bildungsfilm zu verdanken ist) im modernen Unterricht aufier- ordentliche Bedeutung zu. Es hat aber nicht den Anschein, als ob hier schon alle Moglichkeiten voll ausgeschopft waren.

Da tritt nun das Fernsehen auf den Plan; aber schon bei einem ersten Vergleich mit dem Unterrichtsfilm schneidet es durch die Bindung an die Sendezeit (die man nicht wie beim Schulfunk durch Bandaufnahmen losen kann) ungiinstig ab. Dazu kommt noch eine Schwierigkeit beziiglich der Empfangs- situation, deren Behebung zwar moglich, aber mit finanzielien Belastungen verbunden ist: Wahrend man die GroBe der Pro- jektionsflache fiir den Unterrichtsfilm leicht an die Zahl der Zuschauer anpassen kann, erscheint es nicht vertretbar, dreiBig oder vierzig Schuler mit einem Direktsicht-Heimempfanger fiblicher GroBe „versorgen“ zu wollen.

Das fiihrt zwangslaufig zu der Frage nach den spezifischen Aufgaben des Schulfernsehens. Sie scheinen nun in erster Linie dort zu liegen, wo es den Film grundsatzlich iiberbieten kann, also auf dem Gebiete der Live-Sendung. Damit sind nun keines- wegs etwa die im normalen Fernsehprogramm aufscheinenden Ubertragungen aktueller Ereignisse zu verstehen — wie es in diesem Zusammenhang schon geschehen st —, also vor allem Sportveranstahungen und Fiirstenhochzeiten. Aber es ware zu priifen, ob nicht die Unmittelbarkeit der Direktiibertragung eine wesentliche Wirkungssteigerung bringen wiirde, wenn etwa das Fernsehen mit einem Ubertragungswagen zu einer Ausstel- lung oder einer Produktionsstatte fahrt und die Schiiler fiber die Entfernung hinweg an einem Besuch, einer Fiihrung teil- nehmen lafit.

In eine ganz andere Richtung weist eine Uberlegung, die dem Schulfernsehen eine von der Produktionsform unabhangige Aufgabe zuteilt, die also durch Live-Sendung, Film oder Band- aufzeichnung gleichermaBen erffillt werden kann.

Das geht auf eine allgemein .bekanntef, weiin uch oft bestrit- tene Erscheinung zurfick. fiir die' wohl fast jeder selbst Beispiele erbringen kann: Es gibt immer wieder Dinge, (fie trotz ihrer Bedeutung und trotz ihres Interesses, das sie beanspruchen konnen, im Rahmen des Unterrichtes nicht zur Sprache kommen, teils, weil die allgemeine Entwicklung den Lehrplan rasch fiberrundet. teils, weil die Unterrichtszeit zur Behandlung dieser Fragen ,.nicht ausreicht". Das trifft dann meist mit der Gegen- wart und mit unserem Leben unmittelbar zusammenhangende Probleme. Gerade hier aber konnte das Fernsehen eine wertvolle und durch keine Verordnung in gleichem Mabe zu erreichende echte Erganzung des Schulunterrichtes bringen. Das gerade in letzter Zeit vielgenannte Thema ..Zeitgeschichte" ware ein tref- fendes Beispiel.

*

Diese hier nur ganz oberflachlich angedeuteten Probleme lassen es also doch notwendig erscheinen, die mit dem Schulfernsehen zusammenhangenden Fragen sorgfaltig zu stu- dieren. In diesem Sinne ist es prinzipiell zu begrfiBen, dab man auch bei uns — vor allem auf Initiative des Bundesministeriums fiir Unterricht — schon vor langerer Zeit damit begonnen hat, Schulfernseh-Testsendungen zu produzieren und auszustrahlen. Zur vollen Auswertung dieser Testsendungen ist es natfirlich nbtig, die Wirkung auf die Schiller eingehend zu untersuchen. Dabei darf man sich aber nicht auf subjektive Methoden be- schranken (wo also die Schiller direkt gefragt werden, ob ihnen die Sendung gefallen habe. was interessant und was langweilig war usw.); man wird noch viel mehr durch exakt und einheitlicb angewandte objektive Methoden den tatsachlichen Wissens- zuwachs ermitteln mfissen.

Neben dem Inhalt solcher Sendungen, neben dem „Stoff“, der auf diese Weise vermittelt werden soil und der den Padagogen natfirlich in erster Linie interessiert, spielt eine sehr wichtige Rolle die Gestaltung, von der die Wirkung auf den Zuschauer wesentlich abhangt. Denn der Film (und unsere Schulfernseh- Testsendungen sind in erster Linie als Film gestaltet) spricht nun einmal nicht nur die Ratio an, und man sollte die spezifischen Wirkungsmittel des Films auch auf diesem Gebiete voll und ganz einsetzen.

*

Welche Irrwege hier eingeschlagen werden konnen, soli an Hand der kfirzlich gezeigten Sendung „Unser Erdol" er- ortert werden, die leider typisch auch fiir andere ist. Sie liegt namlich genau auf der aus unserem Fernsehprogramm nicht auszumerzenden Linie des ..Vortrages mit Bildern" Es wird ein — zugegebenermaBen: guter, wenn auch im vorliegenden Faile etwas zu allgemeiner — Vortrag gehalten; und zu diesem Vortrag sieht man nun eine Folge von — zugegebenermaBen: gut photographierten — Bildern; die zwar thematisch mit dem Text zusammenhangeh, im Detail aber nur seiten eine erkenn- bare Beziehung zu dem gesprochenen Wort aufweisen. Dafiir sieht man hier alle moglichen Einrichtungen und Anlagen, von denen selbst der technisch weniger interessierte Zuschauer gerne wissen mochte, was das ist und wozu es dient; aber der Text lauft daneben her, als ob es gar kein Bild gabe. Ja es werden sogar einzelne Dinge in GroBaufnahme gezeigt — aber man er- fahrt nie, was man da eigentlich sieht. Wenn dann noch genau die gleichen Detailaufnahmen zweimal gezeigt werden, einmal, wenn vom Erd 6 1, das andere Mai, wenn vom Erd gas die Rede ist, dann hat sich dieses Verfahren wohl selbst ad absurdum geffihrt.

Man konnte gerade bei dieser Sendung sehr leicht die Probe aufs Exempel machen; man hore sich nur einmal den Ton allein an und drehe das Bild ab: man wird kaum etwas vermissen. Das Bild bringt oft nicht einmal eine Erganzung zu dem Vortrag. es lenkt hochstens von dem gesprochenen Wort ab.

Es steht wohl auBer Zweifel, dafi diese rein von der Film- gestaltung her gesehenen Tatsachen auch die padagogische Wirkung des Films beeinflussen. Natfirlich wird auch ein mangelhaft gestalteter Film eine Wissenszunahme bewirken. Sie wiirde aber sicher durch eine geeignete Gestaltung grofier und vermutlich auch anhaltender sein.

Immerhin scheint das Thema Schulfernsehen wichtig genug, daB sich weitere Kreise damit befassen. Sicher wird es auch unter unseren Lesern fernseherfahrene Padagogen geben, die zu diesem Problemkreis neue Gedanken und Vorschlage vorbringen konnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung