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Der Zeiringer Pfennig

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In Steiermark liegt an der Straße zum Rottenmanner Tauernpaß in einem westlichen Seitental der uralte Markt Ober-zeiring. Mehrere heute nodi ausgebaute und zahlreiche eingestürzte ' oder vermauerte Stollen zeugen von einstigem großem Bergbaubetrieb. Wenn auch bis in die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts hier Eisenerz gewonnen wurde, so -ist es doch nicht dieses Metall, das einstmals Zeiring reich und angesehen machte, sondern das Silber, das vielleicht schon von den Kelten, mit größerer Wahrscheinlichkeit aber von den Römern im Berge abgebaut wurde.

Die erste urkundliche Nachricht vom Silberbergbau von Zeiring stampt aus dem Jahre 931 n. Chr. Sie ist in Zahns „Steirischem Urkundenbuch“ enthalten. Mit Fug und Recht kann man annehmen, daß schon um 900 in Zeiring Silber gewonnen wurde. König Ottokar II. von Böhmen läßt während der kurzen Zeit, da er über unsere Lande regiert, 1265 ein Verzeichnis der landesfürstlichen Einkünfte der Steiermark — ein landesfürstliches Rentenbuch — anlegen, das für die Geschichtsschreibung der Steiermark von großem Wert ist. In diesem wird auch der Silberbergbau von „mons Zyrich“ angeführt.

Der montanistisch-technische Fortsdiritt dürfte in der Folge eine zunehmende Ergiebigkeit der Gruben mit sich gebracht haben; ein Chronist des Stiftes von St. Lambrecht berichtet, daß der Markgraf Ottokar VI. der Traungauer reich war, „denn er besaß die Silbergruben von Ceyring“ und der Babenbergerherzog Leopold VI., der Glorreidie, baut um 1200 die „Burg“ und andere Gebäude in Wien, mit zum großen Teil Zeiringer Silber, weshalb Zeiring damals als „die Mutter Wiens“ bezeichnet wurde.

Gewiß war es daher zwedtmäßig, das gewonnene Silber gleich an Ort und Stelle zu verhütten und zu Silbermünzen zu verarbeiten. Aus diesem Grunde wurde in Zeiring eine Münzstätte errichtet. Das genaue Gründungsjahr war bisher nicht bekannt. Die neuesten Forschungen Wiener Gelehrter weisen auf den Beginn der Münztätigkeit um 1220 hin, also in die Regierungszeit des Herzogs Leopold VI. Mit etwas größerer Genauigkeit kann das Ende der Münzstätte von Zeiring bestimmt werden: das Bergwerk wird nämlich durch einen katastrophalen Wassereinbruch vernichtet; mit ihm gehen 1400 Knappen zugrunde, wie eine Wandmalerei im Kaiserzimmer des Schlosses Hahn-felden in Unterzeiring erzählt. Der Zeitpunkt dieser Katastrophe läßt sich auf Umwegen und durch Rückschlüsse aus Urkunden festsetzen. Herzog Rudolf IV. der Stifter befindet sich in den Augusttagen 1361 auf der Reise von Wien nach dem £üden, weil er mit dem Partriarchen von Aquileja einen Streit auszufechten hat und die beiderseitigen Vortruppen schon in Fühlung standen. Er unterbricht die gewiß sehr eilige Reise und erscheint am 16. August in Zeiring, wo er zwei Urkunden unterschreibt. In der einen erläßt er den bisher so vermögenden Bürgern von Zeiring die Bürgersteuer, ein Zeichen, daß die Bürger durch ein Ereignis arm geworden sein müssen. In der zweiten Urkunde verspricht er den Bürgern, daß die Münzstätte auch weiterhin in Zeiring verbleib*. Hätte der Bergbau audi später verläßlich cilbtr im gleichen Maße wie bisher geliefert, hätte es nicht dieser Versicherung bedurft.

Diese zwei Urkunden, die allerdings das Grubenunglück nicht erwähnen, weisen mit größter Bestimmtheit auf den Zeitpunkt des Grubenunglückes, knapp vor dem 16. August 1361, hin. Als es nun aber in der Folge klar wurde, daß die ertrunkenen und gänzlich versumpften Gruben nicht mehr abbaufähig gemacht werden konnten, ist die Münzstätte in Zeiring praktisch nicht mehr aufrechtzuerhalten^ Sie muß stillgelegt werden, denn nur auf dem ergiebigen Süber-bergbau der Zeiringer Gruben war diese Münzstätte in dem ansonsten so abgelegenen Tal begründet. Luschin betont in seiner „Geschichte steirischen Münzwesens“, daß von 1366 an nur mehr von den Münzstätten Wien und Graz gesprochen wird. In diesem Jahr wurde also'wohl der Münzbetrieb in Zeiring eingestellt. Übrigens war Rudolf IV. 1365 gestorben. Man kann das Ende dieser Münzstätte also etwa zwischen 1362 und 1365 setzen.

Die Fachleute des Kunsthistorischen Museums in Wien haben auf Grund eigener Forschungen, dann der von Luschin und Mayreder, vier Pfennig-Silbermünzen aus den überreicheri Museumsbeständen, als aus Zeiring stammend, angesprochen. Der erste Pfennig zeigt einen von einer Lilie bekrönten Sparren (Dachsparren), der eine achtzackige Rosette einschließt und rechts und links von je einem schräggestellten, ja fast liegenden Bindenschild flankiert wird. Der zweite zeigt ebenfalls Sparren und Lilie. Doch ist rechts und links statt des Bindenschildes je eine — der unteren Rosette gleiche, auch gleichgestellte — Rosette zu sehen. Die zwei Pfennig wurden bei Gleisdorf, Wolfsdorf und Kohlberg bei Grabungen gefunden und stammen wohl — aus Analogien mit der Prägung anderer Münzstätten zu schließen — aus der Zeit vor 1290. Der dritte zeigt einen Königs-Kopf frontal; der vierte Adler und Panther. Der beiläufige Durchmesser dieser dünnen Silberlinge schwankt zwischen 17% und 15% Millimeter.

Dr. August Lohr schreibt in seiner „österreichischen Geldgeschichte“, daß das Münzsystem des Pfennigs aus der Karolingerzeit stammt (240 Pfennig auf ein Pfund). Der Ursprung dieser Münze ist der „Regensburger Pfennig“, der Vorbild für die österreichischen Länder wurde. In Innerösterreich entwickelte sich der „Friesacher Pfennig“ als eigene Pfennigtype und wurde von der Mitte des 12. Jahrhunderts an auch im Ausland herrschende Umlaufmünze. Unter dem Begriff „Friesacher Pfennig“ verstand man nicht nur die in Friesach selbst geprägten Münzen, sondern auch* die Erzeugnisse von etwa einem Dutzend Münzstätten in Steiermark, Kärnten und Krain, die zum Teil den Erzbischcjfen von Salzburg, den Herzögen von Kärnten, den Bischöfen von Bamberg und Freising und anderen Münzherren gehörten. Es zählen daher als Münzstätten für den Friesacher Pfennig zum Beispiel Friesach, das diesem zunächst gelegene Zeiring, dann Pettau, Rann, Salzburg usw. Der Friesacher Pfennig breitete sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, also zur Zeit des Bestehens der Münze von Zeiring, bis tief in das ungarische Banat aus und verdrängte den völlig entwerteten „ungarischen Pfennig“ (auch ein Ableger'des „Regensburger Pfennigs“). Er bleibt fast ein halbes Jahrhundert die wichtigste Umlaufmünzc. Erst später verliert der „Friesacher Pfennig“ durch minderwertige Nr.chprägungen der ungarischen Könige das öffentliche Vertrauen, und wird auch in Ungarn durch den „Wiener Pfennig“ abgelöst.

Heute zählt der „Zeiringer Jfennig“ — der etwa von 1220 bis etwa 1365, also in einer Zeitspanne von vielleicht 145 Jahren, geprägt wurde — zu den ^größten Seltenheiten.

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