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Grünes Management

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Das Nationalratswahlergebnis vom 1. März 1970 hat die ÖVP, ihre Funktionäre und Bundesrepräsentanten ernüchtert. Wer aber die politischen Veränderungen, die sich in den vergangenen Wochen in der Volkspartei vollzogen haben, aufmerksam verfolgt hat, muß feststellen, daß es nur der Bauernbund war, welcher Mut zur Reform bewies. Er hat auf jeden Fall mehr Reformmut bewiesen als die Gesamtpartei, indem er keineswegs verbrauchte Agrarpolitiker gegen Männer austauschte, die dem Ziel, ein grünes Management zu praktizieren, eben noch besser entsprechen. Sicher, die Wachablöse in der Bruckner-und Löwelstraße in Wien vollzog sich nicht ohne Widerstand, aber sie vollzog sich menschlich taktvoll und politisch kontinuierlich. Der 50jäh-rige niederösterreichische Landwirt und absolvierte Jurist Roland Min-kowitsch, ein aigrar- und parteipolitisch gleichermaßen versierter Mann, löste Josef Wallner als Bauernbund-präsident ab, und der dynamische, ideenreiche 44jährige . oberösterreichische Ijandwirtschaftskammer-präsident Dr. Hans Lehner wurde als Nachfolger des Salzburgers Isidor Grießner zum Vorsitzenden der Präsidentenkonferenz der Land-wirtschaftskammern gewählt. Die wichtigsten agrarischen Spitzenpositionen, die der Bauernbund zu vergeben hat, sind also neu besetzt; aber auch die Wachablösen an den Nebenfronten verdienen beachtet zu werden. Landeshauptmann Andreas Maurer wurde Obmann des Nieder-österreichischen Bauernbundes, Landesrat Mathias Bierbaum löste ökonomierat Scheibenreif als niederösterreichischen Kammerpräsidenten ab, und in Salzburg wählte die Vollversammlung Mathias Schif-feregger zum neuen Präsidenten der Landwirtschaftskammer.

Der Bauembund, mit 400.000 Mitgliedern nicht nur der stärkste, sondern auch der bestorganisierte Bund der Volkspartei, präsentiert der bäuerlichen Bevölkerung ein neues agrarpolitisches Quintett, welches das Instrumentarium der Interessenpolitik aus der Sicht der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung bestens beherrscht. Minkowitsch—Lanner sowie Lehner—Brandstätter vereinen in sich profundes Fachwissen, politischen Instinkt und Weitblick, ergänzt durch das ständige Bemühen, durch

Koordination und Diskussion das grüne Management zu perfektionieren. Die agrarpolitische Sachproblematik, der Bauernbundpräsident Roland Minkowitsch und der Vorsitzende der Präsidentenkonferenz, Dr. Lehner, gegenüberstehen, ist nämlich die gleiche, mit der auch Josef Wallner und Isidor Grießner, die zwei Jahrzehnte maßgeblich die Agrarpolitik mitbestimmten, konfrontiert waren. Nur der Stil, also die Flexibilität des „grünen Argumentes“, unterliegen einem ständigen Wandel. Die Agrarpolitik ist heute nicht mehr nur Interessenpolitik, sondern Teil der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Eine notwendige Konsequenz dieser Entwicklung ist, wie auch Bauernbundpräsident Roland Minkowitsch betonte, eine integrierte Politik für den ganzen ländlichen Raum, zumal sich die politische Landschaft Österreichs grundlegend verändert hat, was die Verwirklichung gesellschaftspolitischer Zielvorstellungen der Volkspartei natürlicherweise erschwert. Dazu kommt der Versuch der SPÖ, die Bünde der ÖVP gegeneinander auszuspielen. Was den Bauernbund betrifft, so könnte eine besondere agrarpolitische Akzentuierung der Bergbauernpolitik sowie die spezielle Förderung der Zu- und Neben erwerbsbetriebe den Interessenausgleich innerhalb der agrar-politischen Standesvertretung erschweren. Es ist daher verständlich, wenn Bauernbundpräsident Minkowitsch und der Vorsitzende der Präsidentenkonferenz, Dr. Lehner, einen Schwerpunkt in ihrer Organisationsaufgabe darin sehen, durch Koordination und Diskussion immer eine parteipolitisch gemeinsame Sprachregelung der Bünde und Interessenvertretung in der Volkspartei zu finden.

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