6850281-1976_44_04.jpg
Digital In Arbeit

Strasser: Ich weiß, was ich will

Werbung
Werbung
Werbung

Auffallende Parallele zwischen Bauernbund und Wirtschaftsbund: Als Dr. Erhard Busek im Sommer 1975 auf den Sessel des ÖVP-Gene-ralsekretärs wechselte, folgte ihm in seiner Position als Wirtschaftsbund-Generalsekretär jener Dr. Wolfgang Schüssel nach, der ihn schon Jahre zuvor als Klubsekretär der ÖVP-Parlamentsfraktion beerbt hatte. In einer ähnlichen Situation befindet sich auch der frischgebackene Bau-ernbunddirektor und Lanner-Nach-folger Dipl.-Ing. Rudolf Strasser (37): Er verließ dieser Tage jenen Sessel in der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, den schon Dr. Sixtus hanner frequentiert hatte, bevor er zum Bauernbund-direktor aufstieg.

Und Strasser ist nicht böse, wenn er immer wieder mit seinem Vorgänger in Zusammenhang gebracht wird, dessen Schuhwerk er nun anziehen und gleich auch zeigen muß, daß es ihm nicht um einige Nummern zu groß geraten ist. Strasser ist zwar seit vielen Jahren Mitglied des ÖVP-Bauernbundes, seinem ganzen bisherigen Lebensweg nach ist er freilich ein in allen Bereichen der Agrarpolitik versierter Fachmann, der nun als Politiker und Dirigent von rund 400.000 Bauernbundmitgliedern darangehen muß, das zu realisieren und voranzutreiben, was er in den letzten zehn Jahren als Referent für Bergbauern- und Agrarpolitik sowie als EG-Spezialist der Kammerorganisation an sachpolitischen Wegweisern mitgepflanzt hat.

Der gebürtige Oberösterreicher Strasser wuchs in Michldorf an der Krems auf, wo er die Volksschule hinter sich brachte und danach in einer zweijährigen Tätigkeit auf einem Hof so ziemlich alles an „praktischen Arbeiten kennengelernt hat, was auf einem Grünlandbetrieb anfällt.“ Früh aufzustehen ist seitdem für ihn nichts Ungewohntes: „Damals hat der Tag oft von vier Uhr früh bis acht Uhr abends gedauert.“

Bevor er seine Studien an der Hochschule für Bodenkultur aufnehmen konnte, eignete er sich seine ersten Fachkenntnisse in der landwirtschaftlichen Mittelschule Raumberg (Obersteiermark) an. In Raumberg, wo ein Großteil des qualifizierten Agrarnaehwuchses herangebildet wurde und wird, drückte übrigens auch Lanner die Schulbank. Mit dem neuen Agrarsprecher der Volkspartei, dem steirischen Abgeordneten Dipl.-Ing. Josef Riegler, saß Strasser sogar im gleichen Klassenzimmer.

Was sind die neuen Schwerpunkte, die Strasser in der Agrarpolitik seiner Partei setzen möchte? „Das bisherige Programm der Präsidentenkonferenz und die Bauernbundpolitik geben mir eine klare Orientierung. Mein ganzer Einsatz gilt der Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Position der Bauern. Sie müssen Anschluß finden an den allgemeinen Wohlstand... Es ist dabei nicht notwendig, die Situation schlechter darzustellen als sie ist, vom Krankjammern halte ich nichts!“

Neben den Zuschußrentnern, die „bei weitem noch nicht an die soziale Sicherheit der übrigen Bevölkerung herangeführt sind“, will sich der neue Bauerngeneral auch den Bergbetrieben widmen: „Der Bergbauer muß Produzent bleiben. Primär geht es uns um die Preis- und Absatzpolitik sowie um die Förderung der bergbäuerlichen Infrastruktur, erst sekundär sollen die Direktzahlungen zur Verbesserung der Lage herangezogen werden.“ Die Einkommenslage der Bergbauern, betont Strasser, habe sich drastisch verschlechtert.Schon 1974 und 1975 hätten sie reale, ja nominelle Einkommensrückgänge zu verzeichnen gehabt, heuer sei die Situation wegen der Dürreperiode um nichts besser.

Strasser ist nicht gewillt, Angriffe der Regierung auf die Absatzmöglichkeiten der Bergbauern einfach hinzunehmen. Denn die Produktionskapazität solle im Interesse aller erhalten bleiben, soll der Bauer nicht zum „Landschaftsgärtner“ degradiert werden.

„Persönlich bin ich ein fairer Verhandlungspartner: Wenn ich aber von der Richtigkeit einer Sache überzeugt bin, dann vertrete ich diese Sache, wenn notwendig, auch mit der entsprechenden Härte.“ Angesprochen auf die Traktor-Aufmarschpläne, die ja bekanntlich in den Schubladen der Bauernbund-Schreibtische der Stunde Null entgegenharren, meint er nüchtern: „Das Demonstrationsrecht ist nicht nur einer Gruppe vorbehalten. ... Ich weiß, was ich will!“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung