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Ein Lambacher Kupferstecher

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Im 18. Jahrhundert lebte in der Benediktinerabtei Lambach in Oberösterreich P. Koloman Feiner, ein bedeutender Kupferstecher und der erste Lithograph Österreichs, dessen Name heute, fast vollständig vergessen ist. Martin Johann Sdimidt (Kremser Schmidt) schrieb 1778 über ihn, daß er Talent besitze und in kurzer Zeit ein großer Meister sein werde. Von der Beliebtheit seiner Kupferstiche gibt ein Brief des Barnabitcngenerals P. Felix Caroni aus Cremona Kund', in dem er sich als einen wahren Bewunderer der besonderen Gaben Feiners erklärt und besonders hervorhebt, wie glücklich er sei, daß er Feiners Arbeiten kennengelernt habe.

P. Koloman Feiner wurde 1750 in Pis-dorf bei Aichkirchen in der Nahe von Lambach geboren. In Neukirchen besuchte er die Volksschule. Schon dort zeigte sich seine darstellerische Veranlagung. Wachs und Brot waren sein Material, aus dem er Figuren formte. Der Lamb.icher Brauereibesitzer Blumauer ermöglichte ihm den Schulbesuch in Lambach und Kremsmünster, wo seine Vorliebe für die Zeichenkunst immer mehr in den Vordergrund trat. In Wels erhielt er dann eine Stellung bei der Ökonomieverwaltung der Burgherrschaft. Dort traf er auch zum erstenmal mit Martin Johann Schmidt (Kremser Schmidt) zusammen, der später als Lehrer und Freund auf seine künstlerische Entwicklung großen Einfluß nehmen sollte. 1773 trat Feiner in Lambach ein und wurde 1777 zum Priester geweiht. In der Freizeit beschäftigte er sich mit Musik und Zeichnen, aber auch schon mit Kupferstichen. Aber auch mit anderen Wissensgebieten, wie Geographie, Geschichte, befaßte er sich, wie aus einer Reihe von Büchern mit seinem Namenszug hervorgeht, die heute in der Klosterbibliothek Lambach verwahrt werden.

Für die Beurteilung Feiners ist besonders wertvoll, daß die Kupferstichsammlung des Klosters Lambach einen Sammelband von Feiners Werken besitzt, in dem Zeichnungen, Aquarelle, Federzeichnungen, Kupferstiche und Steindrucke enthalten sind. Er enthält unter anderem Fehlers erstes Werk, eine kolorierte Federzeichnung, die Burg Wels darstellend, aus dem Jahre 1771. Feiners beste Federzeichnung findet sich jedoch in einem Gebetbuch von 1779 des Lambacher Mönches Johann Eysterer, das in der Handschriftensammlung des Klosters Lambach aufbewahrt ist. Das Titelbild, die Darstellung des Fegefeuers, stammt, wenn auch nicht signiert, von Feiner. Auch von den Aquarellen besitzt Lambach einige, von denen das 1802 gemalte Bild aus der Grotte von Karniol im Krainerland hervorzuheben ist. Feiner hat hier eigenhändig den Vermerk angefügt, daß er es nach der Natur gemalt habe.

Während sich Feiner in den ersten Jahren in Zeichnungen, Aquarellen und auch in Gemälden versudite, begann er im Jahre 1777 mit Kupferstichen. Bei den Erstlingswerken sieht man, daß er unsicher und tastend nach Vollendung ringt. Zwei Stiche aus dieser Zeit sind KopfstuJ:en nach Bildern von Leonardo da Vinci. Hier sind die Striche und Punkte noch unbeholfen. Licht und Schatten stehen ohne feinere Übergänge scharf gegenüber. An der weiteren Entwicklung noch im selben Jahr sehen wir, wie Feiner seine Mängel erkennt und abzustreifen versucht. In einer Reproduktionsradierung vom „Ungläubigen Thomas“, nach einem Bild von M. J.Schmidt, versucht Feiner bereits eine Übergehung der Ätzung mit der Nadel.

Abt Amand Schickmayr, der auf die Fähigkeiten Feiners aufmerksam wurde, schickte ihn im August 1778 nach Stein bei Krems zu Martin Johann Schmidt (Kremser Schmidt) zur weiteren Ausbildung. Schmidt machte Feiner vor allem mit der Ätztechnik vertraut. Zur Erzielung satter Tiefenwerte legte er ihm schon vor Schmutzer die Ubergehung der Platte mit dem Grabstichel 'nahe. Die Radiernadel übernimmt durch Punktierung die ausdrucksvolle Ausarbeitung des Gesichtes. Dabei wird durch gleichzeitige Ätzung der übrige Teil des Bildes fein durchgearbeitet. Nach viereinhalb Monaten kehrte Feiner nach Lambach zurück, wo er nun die neuen Kenntnisse in der Ätzkunst verwertete. Die Früchte dieser Lehrzeit kann man bei aufmerksamer Durchblätterung der Felner-Mappe an einer großen Anzahl von Stichen aus dem Jahre 1778 beobachten.

Im Juni 1779 kam Feiner nach Wien zu Jakob v. Schmutzer, dem Direktor der k. k. Akademie der bildenden Künste. Die Studienzeit in Wien bedeutete für Feiner nicht nur die Vollendung seines Studiums in der Kupferstichkunst, sondern der Aufenthalt im Zentrum von Kunst und Wissenschaft und der Verkehr mit bedeutenden Männern brachte auch seine vielseitige Künstlerpersönlichkeit zur letzter Reife. In der Felner-Mappe ist um ein Stich, Schmutzer darstellend, erhalten (siehe Abbildung). Auch die Platte dazu befindet sich in der Kupfersrichsammlung des Klosters Lambach. Mit Zuhilfenahme der Radiernadel ist Feiner auf diesem Stiche besonders gut die Durchbildung des Gesichtes gelungen. In Wien zog Feiner bald die Aufmerksamkeit kunstbegeisterter Kreise auf sich. Er schloß hier manche Freundschaft fürs Leben und unterhielt einen regen Briefverkehr mit Künstlern, wie Joseph und Michael Haydn, dem Kustos der Hofbibliothek in Wien Adam Ritter von Bartsch und Schönberger, mit dem er sich vor allem über Kunstfragen auseinandersetzte. Mit seinem ehemaligen Lehrer Schmidt bestanden weiterhin die herzlichsten Beziehungen. Immer wieder holte er sich von ihm Vorlagen für seine Arbeiten.

Feiner pauste die Vorlagen meist direkt auf die Platte, wodurch die Radierungen spiegelverkehrt zur Vorlage herauskamen. Bei seinen malerisch gehaltenen Stichen benützte er Grabstichel und Radiernadel nebeneinander- Während der Ätzung der Platte deckte er sehr vorsichtig ab. Durch Polierung dünngeätzter Strichlagcn erzielte er feine Übergänge

Als Vorlage dienten Feiner Bilder aus der Lambacher Gemäldegalerie, zum Beispiel eine Kreuzabnahme von Maulpertsdi, oder eine Madonna von Solimana. Auch die Altarbilder der Klosterkirche von Joachim Sandrart benützte Feiner als Vorlage. Von Sdimidt erhielt er viele Vorlagen, aber auch nach Rembrandt arbeitete er, wie aus einem Stich in dem Lambacher Sammclband hervorgeht Feiner ist in manchen seiner Stiche stark von Rembrandt beeinflußt. Das ist weiter nicht verwunderlich, da der stark rembrandteske Schmidt seine Schüler immer wieder auf diesen Meister aufmerksam machte. Schmidts großer Stecherkreis war auch in öjterreich fast ausschließlich der Verbreiter und Träger Rembrandts. In der Sammelmappe in Lambach ist eine Reihe von Stichen Feiners ganz nach der Art Rembrandts. Besonders gut gelungen ist eine Beschneidung Christi, die 1779 entstanden ist Der schon einmal erwähnte P Felix Caroni hatte bei Betrachtung diesem Bildes aufgerufen: „Wahrhaftig, das hätte ich für Rembrandt gehalten.“

1794 gab Feiner eine Broschüre heraus: „Kleine Kupferstichkunde für Kupferstichfreunde“, in der es am Schlüsse heißt; „Künstler arbeiten nicht aus dem Stegreif; nur durch lange Zeit, dirch Talent und anhaltenden Fleiß erwächst man zu einem wahren Künstler.“

1813 begab sich Feiner nach München, um bei Senef eider, dem Erfinder des Steindruckes, zu lernen. Somit wurde Feiner der erste Lithograph in Österreich. Auch von diesen Steindrucken befindet sich in der Lambacher Sammelmappe eine Anzahl. In den wenigen Jahren, die ihm bis zu seinem Tode blieben sehen wir ihn auch um die Vollendung dieser Kunst mit rastlosem Eifer bemüht. Daß vor allem die Erstlingswerke nicht immer gelungen sind, zeigen uns zwei Steindrucke, die Feiner eigenhändig „wegen Zubereitung des Steines“ als „mißlungene Werke“ bezeichnet.

Als er am 18. April 1818 starb, überließ er dem Kloster die Früchte seines umfangreichen Schaffens. Sie bildeten nicht nur den Grundstock zur Gemäldegalerie und Kupferstichsammlung des Klosters, sondern repräsentieren darüber hinaus einen wertvollen gesamtösterreichischen Kulturbesitz

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