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Gemälde repatriiert

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Vor 13 Jahren rollte ein Lastkraftwagen mit kostbarer .Last von Kassel, der alten Hauptstadt Kurhessens, nach Wien und brachte 63 Gemälde von Dürer, Rembrandt, Rubens, Baldung-Grien, van Dyck, Tizian, Jordaens, Snyders, Tcniers und anderen “zur Bergung in die damals noch nicht von Bombenangriffen bedrohte Stadt. Die Kunstwerke fanden in Tresors, ab 1945 in den Magazinen des Kunsthistorischen Museums am Burgring ihre behütende Heimstätte. Die Situation der Besetzung verhinderte die Rückgabe, der Staatsvertrag öffnete den freien Weg. Vor der Rückstellung an das Hessische Landesmuseum werden die kostbaren Bilder, darunter der berühmte Rembrandt: „Der Segen Jakobs“, in den Räumen der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in Wien ausgestellt sein. Mit dieser Ausstellung, die als erste schon solchen Rang zeigt, hat Direktor Dr. Vinzenz Oberhammer dem Wiener kunstinteressierten Publikum eine Weihnachtsfreude befeitet. In der Eröffnungsrede dankte der hessische Minister für Erziehung und Volksbildung den österreichischen Behörden für die spontane Rückgabe der Bilder und beschwor eine Atmosphäre des geistigen Europa und seiner besten Traditionen herauf. Mit Wehmut werden wir die herrlichen Gemälde scheiden sehen, aber in, den Annalen der Kasseler Gemäldegalerie, zu deren Besuchern Hölderlin mit feiner Diotima und der junge Goethe zählten, wird Wien einen Freundesplatz einnehmen.

Makart würde staunen über soviel Entrumpelung in der Wiener Wohnkultur. Professor Haerdtl zeichnet verantwortlich für die Auslese und Anordnung, der Oesterreichische Werkbund (Präsident Gustav Kapsreiter) . hat den Löwenanteil am Zustandekommen der Ausstellung: „Modernes österreichisches Kunsthandwerk“, in der Weiskirchnerstraße. Die Wände zieren Gemälde von Rainer, Fruhmann, Prachensky und Aquarelle von Hundertwasser und Hutter, von letzterem stammt auch der „verspielte“ Gobelin. Lobmeyr bringt feine Gläser, die mit Murano wetteifern können (wenig, aber gut). Auböck, übersprudelnd in nimmermüden Einfällen, zeigt Praktisches und Ausgefallenes an kleinen Gebrauchsgegenständen, vom Salzlöfferl bis zum Ofenbesteck. Die Sessel von Architekt Soulek sind verstellbar und sehen gar nicht so aus. Da gibt es hübsche Lampen (Kalmar), preziöse Toilettetischchen (Otepka), Keramik (Obsieger), violette Samtsesserin gehören zu einem Speisezimmer (Architekt Schwanzer), Fenster verdunkelt man mit Foli-flcx-Jalousien. Die sehr bequem aussehenden Polstermöbel (Architekt Auböck, Architekt Haerdtl) ist man versucht, auszuprobieren, die Hüte von Hetzendorf ist man nicht versucht, aufzuprobieren. Der zwischen Plüsch und Fächerpalmen großgewordene Wiener geht etwas verstört in diesen aus viel Glas, Plastik, Metall und Weißgestrichenem neugestalteten Räumen umher. Indessen hat sich das österreichische Kunsthandwerk im Ausland einen guten Namen gemacht und gilt als allgemein begehrt.

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