Das Ringen um Abtreibung

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Julia Mourão Permoser über Schwangerschaftsabbrüche in Österreich.

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Julia Mourão Permoser über Schwangerschaftsabbrüche in Österreich.

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I n den letzten Tagen ist die Debatte über Schwangerschaftsabbrüche in Österreich wieder neu entflammt. Grund dafür: Der einzige Arzt Vorarlbergs, der Abtreibungen durchführt, geht in Pension. Auf den Vorschlag der Landesregierung, Abtreibungen im Krankenhaus durchführen zu wollen, meldete sich der Bischof zu Wort und meinte, das Krankenhaus sei „nicht der richtige Ort“ für Abtreibungen. Die Regierung ruderte deswegen zurück (vgl. Seite 12). Abtreibungen gehören zu einer der polarisierendsten Fragen in der Politik. Für viele Menschen besteht hier ein Dilemma zwischen zwei wichtigen moralischen Zielsetzungen: dem Schutz des ungeborenen Lebens versus dem Selbstbestimmungsrecht der Frau.

Allerdings sind Abtreibungen nicht nur eine Frage der Moral oder der Selbstbestimmung, sondern vor allem auch eine Frage der öffentlichen Gesundheit. WHO-Statistiken zeigen, dass in Ländern, wo Abtreibung legal ist, weniger Abbrüche stattfinden als in Ländern, wo sie verboten ist. Restriktionen führen nicht zu weniger, sondern nur zu unsicheren Abtreibungen. (Eine solche Entwicklung ist in Polen, Ungarn sowie in den USA zu befürchten). Unsichere Abbrüche sind wiederum eine bedeutende Quelle von medizinischen Komplikationen. 13 Prozent der Müttersterblichkeit sind weltweit auf unsichere Abtreibungen zurückzuführen. In Österreich wurde in den 1970er Jahren mit der Fristenregelung ein Kompromiss gefunden, durch den die Frage größtenteils entpolarisiert werden konnte. Die Regelung genießt gesellschaftliche Akzeptanz. Im Sinne dieses Kompromisses – und um die öffentliche Gesundheit und den sozialen Frieden zu fördern – sollten Abtreibungen aber nicht nur erlaubt (bzw. straffrei gestellt), sondern auch tatsächlich flächendeckend angeboten werden. Denn ein Recht ist nur so gut wie die Möglichkeit, es zu gebrauchen.

Die Autorin ist Professorin für Migration und Integration an der Donau Universität Krems.

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