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Mägde und Herren

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Wie man durch Gegenüberstellung verwandter Themen, zum Beispiel von Menottis „Telephon“ mit Pou-lenc' „Menschlicher Stimme“, effektvolle Kontrastprogramme zustandebringt, hat die Wiener Kammeroper immer wieder gezeigt. Nun versucht sie's einmal quasi umgekehrt, präsentiert zwei Operneinakter, die auf ein und demselben Libretto, und zwar von Federico, basieren und den gleichen Titel tragen: „La Serva padrona“ (Die Magd als Herrin).

Es ist eine harmlos-liebenswürdige Komödie um eine schlaue Dienerin, die ihren knickrigen alten Herrn mit einigen Listen schließlich doch in den ersehnten Ehehafen steuert, insofern also ein buntes Stück der Commedia-dell'arte-Tradition und des italienischen Stegreifspiels des Seicento. Giovanni Battista Pergolesi komponierte seine „Serva“ 1733, als „Auflockerung“ für die tragisch-pathetische Oper „II prigionier superbo“. Bekannt wurde Pergolesi freilich nur durch die freche kleine Opernkomödie, die dem Genre der späteren französischen Opera comique die Richtung wies und selbst auf Mozart nicht ohne Einfluß blieb, das heißt, ganz einfach Musikgeschichte machte.

Dieser Pergolesi-„Serva“ stellt die Kammeroper am Fleischmarkt das Intermezzo Giovanni Paisiellos gegenüber, das 48 Jahre nach Pergole-sis Oper im Auftrag des Petersburger Hofs entstand. Paisiellos verschollenes Werk, vor gar nicht so langer Zeit wieder aufgefunden und nun für die Kammeroper adaptiert, ist natürlich bereits reicher im Stil der Kantilenen, üppiger in der Instrumentation, realistischer in der Handlung.

Diese Eigenheiten und Unterschiede hätten der Dirigent, Hans Gabor, und der Regisseur, Peter Birkhofer, natürlich herausarbeiten müssen. Gelungen ist dies nur Alice Maria Schlesinger mit atmosphärischen Bühnenbildern und Kostümen. Die Regie macht da weniger viel Stilunterschied: Wo Pergolesis feiner musikalischer Witz mit pantomimisch aufgelöstem, fast schon akrobatischem Theater zusammengespannt werden müßte, exerziert Birkhofer genau so laute Bühnenturbulenz vor wie bei Paisiello, der eines flotten Spielopernstils bedurft hätte. Statt behutsam arrangierter Szenen und sorgfältig aufgebauter Pointen läßt er seine Sänger — Günther Schneider (Uberto) und Leah Wertman (Serpina) — und den Pantomimen Erwin Höfler (Vespone) bloß handfeste, plumpe Komödie spielen. Und auch das Orchester differenziert zwischen Pergolesi und Paisiello kaum.

Bleibt schließlich überhaupt die Frage, welchen Sinn es hat, zwei Werke einander gegenüberzustellen, die ihre Reize eigentlich nur dort entfalten, wo sie „Einlage“ sind, Unterhaltung bieten zwischen zwei pathestischen Akten einer Opera seria und dramaturgisch Klamauk-und Spaßmacherfunktion erfüllen. Zweimal „La Serwa padrona“: Mutet das nicht an, als erzählte man Pointen ohne die zugehörigen Geschichten?

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