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Neuentdeckte Opern

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Die Wiener Kammeroper hat es unternommen, im Schönbrunner Schloßtheater nach altem Rezept eine ernste und eine heitere Oper zugleich aufzuführen. (Letztere als Intermezzo zwischen den Akten der ernsten Oper.) Man wählte „Die Olympiade“ von Antonio Vivaldi und als Intermezzo „Die Magd als Herrin“ von Giovanni Battista Pergolesi. Das Unternehmen als solches gelang und bewies einmal mehr, daß die Alten es gar nicht so ungeschickt machten, wenn sie zwischen die pathetische Handlung der Barockoper heitere Zwischenakte setzten. Es bewies im speziellen Fall allerdings noch mehr: daß die heitere Oper lebendiger bleibt als die ernste (Vivaldi und Pergolesi waren Zeitgenossen), genießbarer, unverwüstlicher; ferner, daß Pergolesi der berufene Opernkomponist war. Die Musik Vivaldis ist gepflegt, leicht fließend, schön im Melodischen, ausgewogen in ihren Teilen — die Musik

Pergolesis ist zügig, mitreißend, charakterisierend, ohne die Vorzüge des ersteren einzubüßen. Folge: man wird von der tragischen Oper müde, von der heiteren erfrischt, was nicht auf die in beiden Fällen nicht sehr bedeutende Handlung zurückzuführen ist. Von den Ausführenden ist zu sagen, daß Anna Cant und Kurt Ruzicka (Pergolesi) ihren Aufgaben singend und spielend am besten gewachsen waren. Sie batten Temperament und Mimik der Musik abge- lauscht und hatten Erfolg damit. Die ernste Oper litt mit Ausnahme von Ingrid Mayr leider an der Unvollkommenheit der Stimmen, die an Intonation und Gelöstheit sehr viel zu wünschen ließen. Einzig Werner Wruss als Megakle bot eine anerkennenswerte Leistung. Dagegen waren Bi’ld und Kostüme (Alice Maria Schlesinger) sehr ansprechend und nobel, che Regie (Hartmut Schottier) tat im winzigen Rahmen ihr Bestes, die „Bewegungsregie“ von Belly Bordy wirkte auf der Miniaturbühne zuweilen überspitzt, obwohl sie der grollen Geste der Barockoper entsprach. Orchester und Chor des österreichischen Rundfunks wurden vom Dirigenten Hans Gabor mit Umsicht und Temperament geführt.

Als Gastspiel der „Vereinigten Bühnen Graz“ hörten wir Verdis Frühoper „Attila“ in der Wiener Volksoper. Das Werk wurde anläßlich seiner Grazer Erstaufführung am 18. Februar 1966 in unserem Blatte eingehend gewürdigt (siehe „Furche“ Nr. 11 1966), und da es sich um die gleichen Ausführenden handelt, finden wir auch die labenden Worte über die Grazer Wiedergabe in Wien bestätigt. Der Dirigent Bruno Amaducci hält Orchester, Darsteller und Zuhörer in Atem, Brio und Elan der Musik kamen voll und ohne Übertreibung zum Durchbruch. Als Hunnenkönig stellte Kunikazu Ohashi eine menschlich glaubhafte, fast zu edle Gestalt in die Mitte des Geschehens, Althea Bridges als Odabella gewann die Zuhörerschaft bereits im Prolog völlig. (Ihre erste Arie ist allerdings schon die Bewährungsprobe.) In ihrer gesamten Besetzung wäre die Oper eine Bereicherung des Repertoires auch in Wien. Der Erfolg war ein voller und ein voll verdienter.

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