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Rahmen vorgeben und wachen

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Wenn heute vom Neubau des Wiener A llgemeinen Krankenhauses (A KH) die Rede ist, dann geht es hauptsächlich um Provisionsmillionen. Die kriminalistische Kleinarbeit zur A ufklärung der Schmiergeldzahlungen lenkt davon ab, daß es auch um grundsätzliche Fragen geht. Denn die Explosion der A KH-Baukosten um viele Milliarden Schilling ist mit den Schmiergeldmillionen sicher nicht zu erklären. Hat dabei nicht die politische Kontrolle versagt? Franz Neubauer, Staatssekretär im Bayerischen Innenministerium, berichtet hier von den Erfahrungen beim Bau eines anderen Großkrankenhauses: beim Klinikum München-Großhadern. Dort kostet ein Spitalsbett umgerechnet fünf Millionen Schilling, beim Wiener AKHmindestens das Dreifache.

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Wenn heute vom Neubau des Wiener A llgemeinen Krankenhauses (A KH) die Rede ist, dann geht es hauptsächlich um Provisionsmillionen. Die kriminalistische Kleinarbeit zur A ufklärung der Schmiergeldzahlungen lenkt davon ab, daß es auch um grundsätzliche Fragen geht. Denn die Explosion der A KH-Baukosten um viele Milliarden Schilling ist mit den Schmiergeldmillionen sicher nicht zu erklären. Hat dabei nicht die politische Kontrolle versagt? Franz Neubauer, Staatssekretär im Bayerischen Innenministerium, berichtet hier von den Erfahrungen beim Bau eines anderen Großkrankenhauses: beim Klinikum München-Großhadern. Dort kostet ein Spitalsbett umgerechnet fünf Millionen Schilling, beim Wiener AKHmindestens das Dreifache.

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Politische Kontrolle von Projekten bezieht sich stets und vor allem auf das Handeln der Projektbeteiligten. Sie gibt den Rahmen für dieses Handeln vor und überwacht, wie er ausgefüllt wird. Daraus ergibt sich eine Wechselbeziehung zwischen Kontrolle und Vollzug.

Die übergeordnete Leitung und Koordination der gesamten Planungsund Durchführungsphase beim Neubau des Krankenhauses München-Großha-dern oblag dem Neubauamt, das vom Bayerischen Ministerrat für die Errichtung des Klinikums geschaffen wurde.

Zur Unterstützung des Bauamtes wurde zunächst ein freiberuflich tätiges Ingenieurbüro im Rahmen eines Baubetreuungsvertrages eingeschaltet, dem Teilbereiche der technischen und geschäftlichen Oberleitung z. B. die Abstimmung von Architekten- und Ingenieurplanungen sowie die Erarbeitung der Raumkonditionen in Form von Raumblättern als Grundlage für die Gebäudeplanung übertragen wurden. Außerdem wurde dieses Büro mit der Erstellung der Massen- und Kostenberechnung und der örtlichen,Bauaufsicht beauftragt.

Schon bald hat sich jedoch herausgestellt, daß die Übertragung solcher Teilleistungen zu vermeidbaren Schwierigkeiten führt, da die erforderliche unmittelbare Zusammenarbeit zwischen den Planern und dem staatlichen Bauamt als Auftraggeber durch eine Einschaltung eines weiteren Vertragspartners nicht mehr gewährleistet war und dadurch die Wirksamkeit der politischen Kontrolle gefährdet werden könnte. Außerdem waren die durch die verhältnismäßig lange Bauzeit bedingten hohen Honorarforderungen nicht zu vertreten.

Das Vertragsverhältnis wurde deshalb gelöst, und auch diese Leistungen wurden vom Bauamt voll übernommen. Die eigentliche Bauplanung wurde der Architektengemeinschaft Schwedhelm-Schlempp-Eichberg übertragen, wobei die Planungsleistung etwa 77 Prozent des in der Gebührenordnung Für Architekten verankerten Leistungsbildes umfaßte.

Die technische und geschäftliche Oberleitung, eine Mitarbeit bei der Genehmigungsplanung, die Massen- und Kostenberechnung sowie die örtliche Bauaufsicht wurde vom Bauamt selbst durchgeführt.

Da die üblicherweise für eine Baubetreuung durch ein staatliches Bauamt vorgesehenen Planungs- und Bauleitungsmittel für Bauvorhaben dieser Größenordnung und Schwierigkeit nicht reichen, wurde für das Klinikum Großhadern eine Sondervereinbarung getroffen.

Für die Planung der technischen Anlagen und der baugebundenen medizinischen Einrichtung wurden vom Bauamt Ingenieurbüros bzw. qualifizierte Fachfirmen eingeschaltet, wenn für Spezialleistungen entsprechende Ingenieurbüros nicht zur Verfügung standen. Dann aber wurde von den staatlichen technischen Prüfstellen besonders darauf geachtet, daß Planung und Ausschreibung firmenneutral durchgeführt wurden.

Außerdem wurden Verträge mit Fachberatern für Grundbau, Akustik Bauphysik usw. abgeschlossen. Beim

Klinikum Großhadern war es nicht erforderlich, Verträge mit Funktionsund Betriebsablaufplanern abzuschließen, da dieser wichtige Leistungsbereich durch eine bereits in den ersten Planungsphasen eingesetzte Verwaltungsdirektion und durch die Medizinische Fakultät der Universität München abgedeckt wurde.

Eine gleitende Kontrolle des Bauvorhabens war durch die Raumprogramm-und Baukommission gegeben, die bei erforderlichen Änderungen der Planungsgrundlagen einzuschalten war, z. B. Berücksichtigung neuer medizinischer und bautechnischer Erkenntnisse mit Einfluß auf das Raumprogramm und auf die Ausstattung sowie auf die Baukosten.

Neben dieser Kontrollfunktion hatte die Raumprogramm- und Baukommission jedoch vor allem entscheidenden Einfluß auf die Beschleunigung der Abwicklung des Bauvorhabens, da erforderliche Entscheidungen unmittelbar getroffen wurden und der sonst langwierige Verwaltungsweg ausgeschaltet war. Den Vorsitz bei dieser Kommission führte der Staatssekretär im Staatsministerium für Unterricht und Kultus.

Zur Aktualisierung des Planungsund Kostenstandes wurden im Laufe der dreizehnjährigen Bauzeit insgesamt rund 160 Nachtragskostenanschläge erforderlich, die eine Erhöhung der genehmigten Kosten notwendig machten. Der Landtag hat bei der Prüfung und Entscheidung über diese Mehrkosten 1976 eine Kostenobergrenze in Höhe von 725 Millionen D-Mark vorgegeben.

Darin war ein gewisser Betrag für unvorhersehbare Mehrkosten infolge neuer medizinischer Entwicklungen bis zum vorgesehenen Fertigstellungstermin 1980 enthalten. Dieser Betrag muß in Relation zu den 1976 nachgewiesenen Baukosten von etwa 690 Millionen D-Mark gesehen werden.

Trotz der gerade in letzter Zeit im Bauwesen stark gestiegenen Preise ist es der Bauverwaltung gelungen, das Bauvorhaben im Rahmen dieser vorgegebenen Kosten durchzuführen ohne Abstriche an der medizinischen Einrichtung und der Bauqualität vornehmen zu müssen.

Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat mit seinen Prüfungen bereits nach der Rohbaufertigstellung der ersten Bauteile begonnen und diese jährlich fortgeführt,

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus einem Referat, das Staatssekretär Franz Neubauer anläßlich des ÖVP-Hearings „Großkrankenhaus - Planung und Kontrolle” am 9. Juli in Wien gehalten hat.

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