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Russen sind um zehn Jahre voraus

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Mit „Saljut“ und „Mir“ sind die Russen den Amerikanern auf dem Sektor Raumstation um mehr als ein Jahrzehnt voraus. Sicher sind es die Russen, die als nächste auf dem Mond landen und dort bleiben, indem sie eine ständige Basis bauen—das hätten die Amerikaner auch haben können. Und vor kurzem prophezeite der NASA-Chef, daß wohl die Russen als erste auf dem Mars landen werden.

„Da werde ich oft gefragt“, so der amerikanische Raumfahrt-Analytiker James Oberg -„wann wohl der nächste Sputnik-Schock zu erwarten sei. Meine Antwort: Wir werden dauernd neu schockiert — nur will es niemand so recht wahrhaben.“ Aus einer jetzt veröffentlichten Statistik geht hervor, daß die Sowjetunion 1986 wieder Weltmeister in Weltraum-Starts war. 88 Prozent aller Starts entfielen auf das Konto der Sowjets.

Der Unterschied zwischen Amerikanern und Russen hinsichtlich der „Start-Philosophie“ zeigte sich im Oktober 1986, als eine sowjetische Rakete nach dem Start explodierte. Während im Westen in vergleichbaren Fällen eine wochen-, meist monatelange Untersuchung der Unfallursachen in die Wege geleitet wird, starteten die Sowjets nur zwölf Tage nach ihrem Malheur eine neue Rakete des Typs der explodierten.

Auf den Gebieten Raumstation und bemannte Missionen —

so heißt es in der von amerikanischen Sowjetexperten von Te-ledyne Brown Engeneering herausgegebenen Studie „The Sov-jet Year in Space 1986“ - haben die Sowjets im vergangenen Jahr Außergewöhnliches geleistet:

• Mit dem 125-Tage-Flug von Sojus T-15 kamen die Sowjets — beginnend mit Juri Gagarins Flug 1961 - auf mehr als 100.000 bemannte Erfahrungs-Stunden in der Schwerelosigkeit. Der T-15-Kommandant Leonid Ki-zim wurde gleichzeitig der erste Mensch, der insgesamt — bei Flügen 1980, 1984 und 1986 - ein volles Jahr im Weltraum zugebracht hat.

• Der Start der Raumstation „Mir“ am 19. Februar 1986 leitete eine neue Ära ein, und der Transfer oder „round trip“ einer Kosmonauten-Mannschaft zwischen ,.Mir“ und der älteren Station „Saljut 7“ war ein beispielloses Unterfangen. Inzwischen konnte an „Mir“ das astrophysi-kalische „Quant“-Module anlegen, womit der Vorsprung der Sowjets vor vergleichbaren NASA-Plänen auf mehr als ein Jahrzehnt angewachsen ist.

Zwei internationale bemannte Missionen werden 1988 auf sowjetischer Seite erwartet: Bulgarien wird sicherlich das erste osteuropäische Land, das einen zweiten Kosmonauten in den Weltraum entsenden kann. Und Ende dieses Jahres soll der Franzose Jean-Loup Chretien zu seinem zweiten Flug mit den Sowjets starten, 30 Tage an Bord der Raumstation „Mir“ verbringen und auch „aussteigen“.

Ohne Erklärung bleibt im Westen bisher die Tatsache, daß die Sowjets den Mittwoch als Starttag bevorzugen: Ein Drittel aller sowjetischen Starts des Jahres 1986 fand an einem Mittwoch statt. Und der Sonntag scheint den Sowjets heilig — es gab keinen einzigen Sonntag-Start im vergangenen Jahr.

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