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Ballonhüpfen auf dem Mars

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Vom „Frieden der Sterne“ sprach vor wenigen Tagen Michail Gorbatschow. Österreich ist längst mit High-Tech in der Weltraumforschung im Osten und Westen mit dabei.

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Vom „Frieden der Sterne“ sprach vor wenigen Tagen Michail Gorbatschow. Österreich ist längst mit High-Tech in der Weltraumforschung im Osten und Westen mit dabei.

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Ein in Österreich entwickeltes Magnetometer, das in einer sowjetischen Raumsonde 1988 den Marsmond Phobos „beschnuppern“ soll, war eine der Neuigkeiten, die vor einiger Zeit bei einem Symposium über Pläne zur weiteren Erforschung des Mars im Rahmen des 37. Kongresses der „Internationalen Astronautischen Föderation“ in Innsbruck zu sehen waren.

Phobos ist viel zu arm an Masse und damit an Anziehungskraft, um auf ihm zu landen. Daher wird der sowjetische Raumflugkörper gemeinsam mit Phobos den „Roten Planeten“ umkreisen.

Der Mars hat bekanntlich zwei Monde, die Phobos und Deimos, Furcht und Schrecken, heißen. Sie sind vergleichsweise winzig, 22 Kilometer beträgt der mittlere Durchmesser des Phobos, 14 Kilometer der des Deimos, beide weisen, wie unser Mond, dem Planeten immer dieselbe Seite zu, umkreisen ihn aber viel schneller.

Es sind zerklüftete, unrunde Felstrümmer, über und über voller Pickel: Spuren zahlloser Meteoriten. Es gibt keine Lufthülle, in der kleine Meteoriten verglühen könnten. Deimos ist der glattere, Phobos zeigt, außer einem riesigen Krater, der die „steinerne Kartoffel“ noch bizarrer aussehen läßt, eine Art Streifenmuster. Wahrscheinlich handelt es sich um Risse, die entstanden sind, als ein Meteor in den Krater schlug. Es gibt hervorragende Aufnahmen der Marsmonde, vor allem vom Deimos, an dem 1977 die US-Sonde „Viking-2-Orbiter“ in nur 30 Kilometer Entfernung vorbeigelenkt wurde.

1990 wollen die Amerikaner wieder eine Mission zur Erkundung des Mars selbst starten. Auch darüber wurde in Innsbruck berichtet, und auch hier werden österreichische Fachleute Beiträge leisten. Am Institut für Weltraumforschung der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz (geleitet von den Universitätsprofessoren Willibald Riedler und Siegfried Bauer) sind die Vorbereitungen angelaufen. Das Magnetometer, das die Sowjets bei der Phobos-For-schung einsetzen, bewährte sich bereits bei Untersuchungen des Kometen Halley und auf dem Mond, muß aber selbstverständlich für die neue Aufgabe adaptiert werden.

Französische Kongreßteilnehmer berichteten über eine originelle Methode, die mit Hilfe gasgefüllter Ballons kostengünstige Bodenuntersuchungen an vielen Stellen der Marsoberfläche ermöglichen soll. Die Gasfüllung der Ballons soll so dosiert werden, daß sie in der kalten Marsnacht auf den Boden sinken und dort Bodenproben einsammeln und automatischen Analysen unterziehen können. Wenn am Tag dann die Sonne die Gasfüllung wieder erwärmt, steigt der Ballon auf und treibt weiter, bis ihn die Nacht wieder irgendwo zu Boden gehen läßt.

Solche Projekte gelten heute als durchaus realistisch, wenn auch teuer. Zu den Träumen, von denen niemand sagen kann, ob sie in Erfüllung gehen könnten, zählt die bemannte Expedition. Der Anflug allein würde zwei Jahre dauern, kein Mensch weiß, ob Menschen eine solche Mission überleben können. Während vor 20 Jahren bemannte Reisen im Sonnensystem für etwas gehalten wurden, was mit Sicherheit kommen würde, stellen heute auch innerhalb der Institutionen, die sich mit Weltraumforschung beschäftigen, immer mehr Fachleute die Frage, ob derlei überhaupt sinnvoll wäre, die Risiken für die Beteiligten und die Kosten rechtfertigen kann.

Die längste Zeit im All haben bisher sowjetische Kosmonauten verbracht: Acht Monate. Dem Vernehmen nach stehen Versuche bevor, diese Verweildauer um vorerst zwei Monate zu erhöhen. Sollte es je zu einer bemannten Mission zum Mars kommen, wird sie möglicherweise von der Sowjetunion und den USA gemeinsam unternommen und finanziert. Auch darüber wurde in Innsbruck eifrig diskutiert.

Das weltpolitische Klima und die finanzielle Situation beider Großmächte machen wenig Hoffnung. Aber für Österreichs Wissenschaftler und High-Tech-Produzenten eröffnen sich auch weiterhin erfreuliche Möglichkeiten. Johannes Ortner von der Gastgeber-Organisation ASSA (Austri-an Solar and Space Agency) meinte, es hätten sich in Innsbruck interessante Kontakte ergeben und neue Möglichkeiten abgezeichnet.

Außerdem sind wir ab 1. Jänner Vollmitglied der ESA, der europäischen Weltraumorganisation, wovon sich die heimische Industrie wichtige Impulse erhofft, mehr Teilnahmemöglichkeiten zu Projekten der ESA, Zugang zur Hochtechnologie anderer Länder. Man will den Anschluß nicht verlieren — obwohl sich österreichische Betriebe mit der Entwicklung von Satelliten-Prüfeinrichtungen, Werkstoffen für thermisch extrem belastete Triebwerksteile oder auch durch die Konstruktion des Spacelab-Feh-sters längst einen guten Namen gemacht haben.

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