JulesVerne - © Illustration: Getty Images / Print Collector / Oxford Science Archive

Im Weltraum wird es eng

19451960198020002020

Weltraum-Jahr 2021: Eine Raumfahrtmission jagt die andere, sucht wissenschaftliche und wirtschaftliche Erfolge im All – und militärische Sicherheit, die andere verunsichert.

19451960198020002020

Weltraum-Jahr 2021: Eine Raumfahrtmission jagt die andere, sucht wissenschaftliche und wirtschaftliche Erfolge im All – und militärische Sicherheit, die andere verunsichert.

Werbung
Werbung
Werbung

Am Anfang des Denkens in Weltraum-Perspektiven steht Jules Verne: „Alles, was ein Mensch sich vorstellen kann, werden andere Menschen verwirklichen“, sagte der französische Schriftsteller und beschrieb damit sehr treffend die schrittweise Umsetzung seines visionären Romans „Von der Erde zum Mond“ aus dem Jahr 1865. Gut 100 Jahre später wurde das Mond-Ziel mit teils frappanten Übereinstimmungen zur Romanvorlage erreicht; und nach einigen weniger turbulenten Jahrzehnten steuert in diesem Jahr die Anzahl der Raumfahrtmissionen samt Mars- und Mond-Visiten einem neuen Höhepunkt zu.

Nicht nur die etablierten Raumfahrtnationen USA und Russland, sondern auch die in diesem Bereich neue Supermacht China, genauso wie Europa, Indien, Japan oder der Neustarter Saudi-Arabien mischen im Wettlauf um die nächsten Weltraum-Erfolge immer stärker mit. Nicht zu vergessen, die mehr oder weniger exzentrischen Milliardäre à la Tesla-Gründer Elon Musk, der eine Marskolonie plant, oder der Japaner Yusaku Maezawa, der über eine Twitter-Annonce gerade sein Team für eine als Kunstprojekt geplante Mondumrundung sucht.

Wo Menschen – dort Müll

„Unendliche Weiten“ heißt es in der TV-Serie „Raumschiff Enterprise“, die anno 2200 spielt. Wir schreiben erst 2021, aber zumindest im erdnahen Weltraum herrscht jetzt schon Gedränge: wissenschaftlich und wirtschaftlich. Allein in Österreich seien rund 120 Unternehmen und Institutionen mit einem Jahresumsatz von 125 Millionen Euro in Weltraumsachen engagiert, rechnet der Grazer Weltraum-Experte Christian Brünner im Gespräch mit der FURCHE vor.

Im EU-Rahmen liege der Umsatz gar bei 8,5 Milliarden Euro. Viel Geld. Doch dem ökonomischen Licht folgt auch am Firmament der ökologische Schatten: Sinnbild für das Anthropozän im All ist so wie auf der Erde der Müll. Auf seiner Reise zum Mond lässt Jules Verne seine Raumfahrer über einen „funkelnden Strauß von Sternschnuppen“ staunen: „Hunderte von Boliden, die beim Eintritt in die Atmosphäre verglühten, durchzogen das Dunkel mit Lichtstreifen.“

Heute müsste der Text adaptiert werden: Geschätzte 8000 Tonnen Weltraumschrott fliegen als winzige Partikel bis hin zu massiveren Teilen mit Geschwindigkeiten von mehreren Zehntausenden Stundenkilometern und damit schneller als Gewehrkugeln durchs All, gefährden Satelliten und Raumschiffe. Die Internationale Raumstation ISS muss regelmäßig Ausweichmanöver fliegen, um den Müllgeschoßen zu entgehen. An technischen und juristischen Möglichkeiten zu Müllentsorgung und -vermeidung wird intensiv gearbeitet. Das Interesse an einer „sauberen“ Erdumlaufbahn ist groß, zu sehr ist die Satelliten-Technik im erdnahen Weltraum schon mit deren wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und militä rischen Nutzung auf der Erde verwoben, als dass man die Systeme noch dieser Gefahr aussetzen will. Stichwort Gefahr: Jules Vernes Mond-Buch ist kurz nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs erschienen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung