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Urmaterie zwischen Mars und Jupiter

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Vor kurzem hat auf dem Lustbühel im Osten von Graz das heue Observatorium seinen Betrieb in allen Sparten voll aufgenommen. Dieser als Zentrum der österreichischen Weltraumforschung konzipierte Bau beherbergt vier Institute, je zwei der Universität Graz und der Technischen Universität Graz. Darüber hinaus werden hier Arbeiten im Rahmen des Instituts für Weltraumforschung der österreichischen Akademie der Wissenschaften durchgeführt.

Das Gebiet der Weltraumforschung ist nach einer neuen Definition im wesentlichen auf jene Teile des erdnahen Raumes konzentriert, die mit Hilfe von Raketen, Raumsonden und künstlichen Satelliten erfaßt werden können. Dementsprechend werden am Observatorium Lustbühel vorwiegend optische und radiotechnische Beobachtungen von Vermessungs-, Nachrichten- und Navigationssatelliten durchgeführt.

Das Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Graz (Prof. Otto Burkard) nimmt Funksignale erdumlaufender (etwa 100 Minuten Umlaufzeit) und geostationä-rer Satelliten (Umlaufzeit 24 Stunden, diese Satelliten stehen also scheinbar über einem Punkt der Erde still) auf und untersucht, wie diese Signale durch den Zustand der Hochatmosphäre beeinflußt werden. Diese Ionosphäre, höher droben Magneto- oder Plasmasphäre genannten Schichten, sind in ihren physikalischen Eigenschaften stark von der Sonnentätigkeit abhängig. Aufgabe ist es nun, aus den ständig wechselnden Ausbreitungsbedingungen, denen die Satellitensignale unterliegen, Rückschlüsse auf die jeweils herrschenden Zustände in den hohen Schichten als Folge solarer Störungen zu ziehen.

Ganz ähnlich, wenn auch in umgekehrter Richtung, arbeitet das Institut für Nachrichtentechnik und Wellenausbreitung der Technischen Universität (Prof. Willibald Riedler) mit seinen großen Satellitenantennen: Hier interessieren die Bedingungen für die Wellenausbreitung als Folge des physikalischen Zustandes der dafür verantwortlichen Schichten. Man möchte - wissenschaftlich und kommerziell - die jeweils besten Möglichkeiten für weltweite Nachrichtenverbindungen im äußerst kurzwelligen Bereich finden.

Auch Richtfunkstrecken auf der Erde, der Empfang von Lang- und Längstwellen werden in die Untersuchung einbezogen. Für alle diese Zwecke steht am Observatorium ein Cäsium-Frequenznormale, eine sehr genaue Atomuhr, die in 1,000.000 Jahren um etwa eine Sekunde falsch geht.

Die restlichen beiden Institute haben ihre optischen Geräte unter den Fünfmeterkuppeln des Hauptge-

„Eine Raumflugmisßion zu bestimmten Kleinplaneten schicken“ bäudes stehen; das ist zunächst das Institut für Landesvermessung und Photogrammetrie (Prof. Karl Rinner) der T. U. Graz. Hier geht es um die globale Ausmessung der Erde und die Beschreibung ihrer Geometrie und Schwerkraftverhältnisse.

Dazu werden von der Westkuppel aus mit einer lichtstarken Weitwinkelkamera geodätische Satelliten photographiert, und aus der Position dieser Flugkörper gegenüber dem Sternenhintergrund wird der eigene Standort abgeleitet. Mit einem „Dopplermeßgerät“ können aus den Signalen von Satelliten, deren Bahn und Geschwindigkeit bekannt sind, die Entfernungen zu ihnen und damit wieder rückschließend die eigene Position berechnet werden. i Schließlich ist noch der Einsatz einer „Laserkanone“ geplant, wo stark gebündelte Lichtblitze zu den Satelliten gesandt und die Reflexe mit der Satellitenkamera photographiert werden. Das Ganze funktioniert nur in einer internationalen Zusammenarbeit, die das geodätische Netz auf weltweiter Basis verbessert. Der Lustbühel ist dafür ein Fundamentalpunkt ersten Ranges.

Als diejenigen, die am weitesten in die Umgebung der Erde hinausgreifen, sind die Astronomen zu nennen (Institut für Astonomie der Universität Graz: Prof. Hermann Haupt), die in der Ostkuppel des Observatoriums ein 40-cm-Spiegelteleskop mit 4,4 Meter Brennweite installiert haben. Diese sind natürlich restlos vom Wetter abhängig und daher am stärksten dem nicht sehr günstigen Grazer .Klima ausgeliefert.

Die Forschungsrichtung dieses Institutes ist auf die Kleinkörper zwischen Mars und Jupiter, die Asteroiden oder Planetoiden, konzentriert, Zehntausende von winzigen Objekten: Nur der größte erreicht einen Durchmesser von 1000 Kilometern, einige sind 100 bis 200 Kilometer groß, während die überwiegende Mehrzahl viel kleiner ist.

Durchmesser, Helligkeit, Rückstrahlungsvermögen und Zahl der kleinen Planeten haben ergeben, daß sich ihre Masse höchstens auf ein Tausendstel der Erdmasse beläuft, weshalb es sich hier nicht um die Uberreste eines zerstörten Großplaneten handeln kann. Allerdings bleibt die Frage offen, ob unter diesen Körpern noch ursprüngliche Kondensationen aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems sind.

Heute wird angenommen, daß man es hier mit unverfälschter Urmaterie zu tun hat, die man in diesem hohen Alter und unbeeinflußt von jeder Störung bisher selbst auf dem Mond nicht gefunden hat. Darum wird angestrebt, eine Raumflugmission zu bestimmten Kleinplaneten zu schik-ken (zumindest im nahen Vorbeiflug), die diese Ansicht prüfen soll. Bis es soweit ist, müssen aber noch alle Möglichkeiten von der Erde her ausgeschöpft werden.

Unsere Aufgaben sind daher zweifach: Einerseits werden mit der Satellitenkamera Aufnahmen lichtschwacher Planeten gemacht und die Positionen mit einem Präzisionsmeßapparat, der ebenfalls auf dem Lustbühel steht, ausgemessen. Das dient zur Berechnung und Verbesserung der Bahnen, so daß der jeweilige Ort dieser Objekte für jeden beliebigen Zeitpunkt genau angegeben werden kann.

In zweiter Linie beobachten wir die Helligkeiten der Planetoiden, die sich zufolge ihrer wechselnden Entfernung und Phasengestalt verändern. Zusätzlich treten noch markante Helligkeitsänderungen innerhalb von Stunden auf, die man unschwer auf eine rasche Achsendrehung zurückführen kann. Wir sind spezialisiert auf die Rotationsbestimmung und darauf, wie man aus Helligkeitsänderungen auf die Form der Asteroiden und auf ihre Achsenlage im Weltraum zurückschließen kann.

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