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Das Janusgesicht unserer Zeit

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WIR ALLE WOLLEN ÜBERLEBEN. Ein Appell an die Vernunft. Von Norman Cou-ins. Econ-Verlag GmbH., Düsseldorf-Wien. 272 Seiten. Preis 18 DM. — DAS ASTRONAUTENBUCH. Sieben amerikanische Weltraumfahrer berichten. Verlag Kiepenheuer 4 Witsch, Köln-Berlin. 436 Seiten. Mit 12 farbigen Reproduktionen und 53 Photos. Preis 19.80 DM. - MEINE WELTANSICHT. Von Erwin Schrödinger. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg-Wien. 179 Seiten. Preis 54 S.

Aufbauend auf die Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung des ersten Drittels unseres Jahrhunderts setzte im zweiten Drittel eine technische Entwicklung ein, deren Tragweite niemand selbst noch in den dreißiger Jahren vorauszusagen gewagt hätte. Zwei der spektakulärsten Erfolge dieser technischen Entwicklung sind die Ermöglichung der Raumfahrt und die Freisetzung der Kernenergie.

Denn der „Griff nach den Sternen“ ist heute keine Utopie mehr — die amerika-

nische Raumsonde soll weitgehende Informationen über die Natur des Planeten Venus liefern, und die friedliche Verwendung der Kernenergie macht die Menschheit von den herkömmlichen Energiequellen frei. Dieselben Raketen aber, die die Kapsel der Astronauten in die Umlaufbahn um die Erde bringen, können auch zum Transport von Bomben verwendet werden, bei deren Explosion Kernenergie plötzlich freigesetzt wird.

Das Buch des bekannten amerikanischen Journalisten und Schriftstellers ist ein Appell an jeden, trotz der starken Spannungen in der Weltpolitik nicht zu re-

signieren. Ohne für die Realitäten blind zu sein, ist Cousins der Meinung, daß uns jetzt noch die Chance gegeben ist, ein namenloses Unglück für die ganze Welt zu verhüten. Man muß kein radikaler Pazifist sein, um zu wissen, daß selbst ein gerechter Krieg — zu dem wir nach Cousins durchaus bereit sein müßten — beim heutigen Stand der Kriegstechnik nicht mehr mit dem Sieg des Rechts enden würde. Ein Hinweis auf die Tatsache, daß bereits „Weltuntergangsmaschinen“ konstruiert

werden, die nach S. M. Genensky und O. Helmer in „Glossary of Terms on National Security“ als „zuverlässige und gut abgesicherte Vorrichtung, die zur Vernichtung fast allen menschlichen Lebens in der Lage ist und automatisch ausgelöst werden würde, wenn der Gegner irgendeinen in einer spezifizierten Reihe von Übergriffen unternähme“ definiert sind, müßte als Beweis für diese Behauptung genügen.

Cousins fordert keineswegs einen einseitigen Rüstungsverzicht. Er will im Gegenteil die militärische Kraft einer neuen Weltorganisation so stark machen, daß sie sich notfalls auch mit Kernwaffen gegen

jeden Staat durchsetzen kann. Die Abrüstung soll erst dann beginnen, wenn diese Organisation die Sicherung jedes ihrer Mitgliedstaaten garantieren kann. *

Jeder Start eines Kosmonauten, sei er nun Amerikaner oder Russe, liefert der internationalen Presse Schlagzeilen für einige Tage. Nach geglückter Landung wird es aber wieder still, und es scheint, es sei schon allzu selbstverständlich geworden, daß unbemannte und bemannte künstliche Satelliten die Erde umkreisen. Von den Schwierigkeiten, die sich hierbei auf amerikanischer Seite ergaben, berichtet das Astronautenbuch.

Dieses Buch, das gleichzeitig in fünf großen internationalen Verlagen erscheint, enthält die ersten vollständigen und authentischen Berichte der sieben amerikanischen Weltraumpioniere John Glenn, Scott Carpenter, Walter Schirra, Virgil I. Grissom, Alan B. Shepard, Gordon Coo-per und Donald K. Slayton.

Im Gegensatz zu den sowjetischen Weltraumfahrern berichten die amerikanischen Astronauten in aller Ausführlichkeit über ihre Mitarbeit am Weltraumprojekt. Sie geben ein Bild ihres persönlichen Lebens und ihres beruflichen Werdegangs; sie berichten, warum gerade sie für diesen abenteuerlichen Beruf ausgewählt wurden und welche Aufgabe jeder von ihnen im Weltraumprogramm übernommen hat, und sie vermitteln dem Leser eine genaue Vorstellung, wie es im Innern einer Weltraumkapsel aussieht und wie der Astronaut sie bedient. Die Astronauten schildern selbst ihr Training, die vielen Rückschläge, Probleme und Erfolge während des Pro-

gramms, und sie teilen uns ihre Erlebnisse während der Weltraumflüge mit. Höhepunkte dieser Berichte sind die Schilderungen Glenns und Carpenters von ihren Flügen um die Erde.

Das Buch, das in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Weltraumbehörde entstanden ist, enthält eine Fülle bisher unbekannter Tatsachen und technischer Informationen. Es ist ein überaus aktueller und wichtiger Bericht, bei dem man allerdings eine etwas bessere Übersetzung erwarten könnte. Besonderen Reiz erhält der Band durch die zahlreichen Bilder, darunter die von Scott Carpenter während seines Fluges selbst aufgenommenen Farbphotos. *

Erwin Schrödinger, für die Aufstellung der nach ihm benannten Gleichung mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, war einer jener großen Physiker unseres Jahrhunderts, die das Werk schufen, welches wir heute „moderne Physik“ nennen und das erst die technische Entwicklung möglich machte, deren Ergebnisse sich uns heute zeigen. Das Buch „Meine Weltansicht“ ist Schrödingers philosophisches Testament. Er hatte das in wunderbar dichterischer Sprache verfaßte Werk 1925 begonnen und dessen Endkapitel erst 1960, kurz vor seinem Tode, geschrieben.

Dasselbe Streben nach Einheit, das sein physikalisches Werk kennzeichnet, tritt auch in seinen Gedanken zur Philosophie auf. In seiner Auseinandersetzung mit Demokrat, Epikur, Lukrez, Häckel, Spinoza und Bertrand Russell tritt Schrödinger für das „Aufgeben des Dualismus von Denken und Sein oder von Geist und Materie“ ein.

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