Der Mond als ideales Sprungbrett zum Mars

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Das Ende des Kalten Kriegs hat auch das politische Interesses an der Raumfahrt sehr abgekühlt. Mit dem Start von zwei Mondsonden wird aber jetzt ein neuer Anlauf zum Mars gemacht.

Die Pläne zur Rückkehr auf den Mond sind heute – im Gegensatz zur Situation vor 40 Jahren – in erster Linie wissenschaftlich angetrieben. Die Apollo-Missionen waren eine politische Angelegenheit, die Wissenschaft spielte eine untergeordnete Rolle. Deswegen sind die Raumfahrtsprojekte mit Erlöschen des politischen Interesses auch rasch wieder eingeschlafen, sagt der aus Österreich stammende Molekularbiologe Florian Selch vom NASA Ames Research Center (US-Bundesstaat Kalifornien) in einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur.

Das damalige große politische Interesse hatte entscheidende Vorteile, so der Wissenschafter: Im Vergleich zu heute verfügte die NASA zu Apollo-Zeiten über ein zehnmal größeres Budget. Derzeit warte man in der US-Weltraumorganisation mit Spannung auf die Position von Präsident Barack Obama zu den Mond- und Weltraumambitionen. Denn ohne Politik als Geldgeber wird es auch diesmal nicht gehen.

Muskel- und Knochenabbau im Weltall

Die Errichtung einer permanenten Station auf dem Mond wäre der logische erste Schritt für das weitere Vordringen in den Weltraum. Aber noch sind viele Fragen für einen längeren Aufenthalt außerhalb des schützenden Magnetfeldes der Erde offen. Vor allem die Strahlung macht den Wissenschaftern und Ingenieuren Sorgen. Die Internationale Raumstation (ISS) eignet sich nur bedingt für Aussagen über Langzeitprobleme mit der Weltraumstrahlung, denn die Station umkreist die Erde innerhalb ihres Magnetfeldes.

Eine weiteres ungelöstes Problem für Langzeitraumflüge sind der Muskel- und Knochenabbau in der Schwerelosigkeit. „Was nutzt es, wenn ein Astronaut nach einem halben Jahr wohlbehalten auf dem Mars ankommt und sich beim ersten Aussteigen das Bein bricht?“, fragt Selch. Außerdem ist mittlerweile bekannt, dass sich das Fehlen der Gravitation auch auf Immunsystem und Flüssigkeitshaushalt des menschlichen Organismus auswirkt.

Eine Mondstation hätte laut dem Molekularbiologen den Vorteil, dass sie bereits weit genug entfernt ist, um Langzeitaufenthalte im Weltraum zu erforschen. Geht jedoch etwas schief, könnte die Besatzung innerhalb kurzer Zeit zurückgeholt werden. Selch: „In Weltraumdimensionen gedacht ist der Mond immer noch einen Katzensprung entfernt.“

Für das wiedererwachte Interesse an Mondlandungen und Expeditionen in den tieferen Weltraum gibt es aber noch einen weiteren Grund: Von den Apollo-Missionen hat vor allem die in den 1970er Jahren erwachende Computertechnologie profitiert. Heute würden Forschungen für Langzeit-Missionen im Weltraum vor allem auch der Wissenschaft zum Thema Ressourcenschonung auf die Sprünge helfen. Weit weg vom Heimatplaneten müssten Raumfahrer mit Energie, Wasser und Nahrung extrem effizient umgehen.

Wassereis auf dem Mond suchen

So könnte die Raumfahrt als Hightech-Vorreiter für Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft werden, ist der NASA-Experte überzeugt. Im Extremfall bedeutet Wassersparen dann, dass man selbst aus Urin noch Trinkwasser gewinnt.

Im Juni hat die NASA jedenfalls ihre erste Mond-Mission seit elf Jahren gestartet. Mit der Entsendung zweier unbemannter Mond-Sonden wendet sich die US-Raumfahrtbehörde wieder dem Erdtrabanten zu. Das Duo hat auch das Ziel, eine mögliche Rückkehr von Menschen auf den Erdennachbarn vorzubereiten. Der „Lunar Reconnaissance Orbiter“ (LRO) soll ein Jahr lang den Mond umkreisen, exakte Landkarten von der Oberfläche erstellen und damit geeignete Landeplätze für ein bemanntes Raumfahrzeug aufzeigen. Der „Lunar Crater Observation and Sensing Satellite“ (LCROSS) wiederum soll herausfinden, ob es in den lichtlosen Kratern an den kalten Mondpolen Wassereis gibt. Dazu werden der Satellit und vor ihm die verbrauchte obere Stufe der „Atlas“-Startrakete im Oktober gezielt auf die Mondoberfläche abstürzen.

Die bisher erforschten Regionen des Mondes sind trockener als jede Wüste auf der Erde. Die NASA-Experten richten ihren Blick deshalb auf Extremregionen, die noch nie zuvor ein Mensch gesehen hat: Die Mondsonden sollen die Tiefen gigantischer Mondkrater erforschen, in die möglicherweise seit Milliarden Jahren kein Sonnenstrahl mehr gedrungen ist. In der Eiseskälte dieser sogenannten Permanenten Schattenregionen könnte sich gefrorenes Wasser erhalten haben, das durch Kometen auf den Mond gelangt sein könnte.

Egal, ob die Sonden fündig werden oder nicht: Die NASA verspricht, dass der LRO die Mondoberfläche mit beispielloser Präzision fotografieren soll. Ziel ist es, den idealen Landeplatz für eine bemannte Mission zu finden. So will die NASA die Beinahe-Katastrophe der Mondlandung 1969 vermeiden: Um ein Haar wäre die Apollo-11-Mission damals in einem gefährlichen Krater niedergegangen. Neil Armstrong und Edwin Aldrin konnten gerade noch umsteuern.

Marsanzug, entwickelt in Tirol

2020 könnten dann erstmals wieder Menschen den Mond betreten. Ziel ist der Bau einer Station, die als Sprungbrett für eine erste bemannte Marsmission im Jahr 2037 dienen soll. Den Prototyp eines Analog-Raumanzuges, der die Bedingungen bei einer Marslandung perfekt simuliert, gibt es jedenfalls schon – in Tirol. Das Gerät „Aouda“ hat seinen ersten Testlauf in einem Steinbruch bei Kramsach absolviert. In drei Jahren soll „Aouda“ bei einer simulierten Marserkundung in der Antarktis eingesetzt werden. Entwickelt wurde der Raumanzug vom Österreichischen Weltraumforum und der Uni Innsbruck. Beschrieben wird Aouda als „45 Kilogramm schweres Raumschiff zum Anziehen und gleichzeitig ein tragbarer Computer und biologische Barriere“.

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