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Frieden im All?

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„Jedem unparteiischen Beobachter wird völlig klar sein, daß es in diesem Bepeich besonders schwerwiegende Konsequenzen haben würde, moralische Gesetze zu brechen oder zu mißachten."

Mit gutem Grund zitierte UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar zur Eröffnung der „Unispace" 82 in der Wiener Hofburg diesen Satz von Papst Paul VI. aus dessen Botschaft an die Teilnehmer der ersten UN-Weltraumkonferenz im Jahr 1968. Der Appell, mit den technischen Errungenschaften der Weltraumforschung verantwortungsvoll umzugehen, ist aktueller denn je.

Worum es bei der Unispace 82 wirklich ging, war der beschämend oberflächlich berichtenden heimischen Boulevardpresse leider nicht zu entnehmen. Die,hatte an der Unispace kein echtes Interesse, höchstens an der innenpolitisch brisanten Frage, ob die Hofburg einem solchen Kongreß gewachsen ist, oder am Hochspielen der mehr als vagen Chance, daß ein Österreicher demnächst mit einem sowjetischen Raumschiff ins All segelt.

Dabei ist Interesse am Weltraum vorhanden — das zeigten 160.000 Besucher der gleichzeitig im Wiener Messepalast laufenden Ausstellung. Und die Unispace sollte Anlaß genug sein, einmal deutlich darauf hinzuweisen, wie sehr die Zukunft der Menschheit von der Weltraumforschung (und wohl auch von einer gedeihlichen Entwicklung der Vereinten Nationen) abhängt.

Wir wissen, daß es auf der Erde „Grenzen des Wachstums" gibt, 'daß wir mit unserem Planeten zu lange schon so umgegangen sind, „als ob wir eine Ersatzerde im Kofferraum hätten" (Konrad Lorenz). Wir müßten uns also darüber im klaren sein, daß das Auf-spüren von Rohstoffen (mit denen wir freilich in Zukunft viel sparsamer umgehen müßten) über-lebensnotwendig ist.

Dazu brauchen wir die Weltraumtechnologie. Unsere Zukunft liegt höchstwahrscheinlich in entlegenen Erdregionen, auf dem Meeresboden und im Weltall.

Es sind daher nicht zu belächelnde Fleißaufgaben der Weltorganisation, sich mit diesen Themen zü befassen (etwa Verträge über Mond und Meeresboden abzuschließen) — die Frage ist nur, ob bei den Konferenzen und Verhandlungen genug herauskommt.

Bei Unispace, die vor allem dafür sorgen wollte, daß die großen Möglichkeiten der Weltraumtechnik (vgl. FURCHE 32/1982)

auch von der Dritten Welt mehr als bisher genützt werden können, kamen zumindest gegensätzliche Standpunkte in einigen Fragen deutlich hieraus. Der einhellig beschlossene Unispace-Resolutionstext stellte in etlichen Punkten nur den allerkleinsten gemeinsamen Nenner dar.

Daß die Industrieländer ihren mit hohen Investitionen erkauften Vor sprung im All an die Dritte Welt verschenken, bleibt natürlich genauso eine Illusion wie der Anspruch der Aquatorstaaten, die geostationäre Bahn 36.000 Kilometer über dem Äquator (auf der sich bereits über 125 Satelliten tummeln) dem Luftraum der Äquatorstaaten zuzurechnen.

Ein Hauptanliegen der Dritten Welt, deren Vertreter durch die Satelliten der Industrieländer „Neokolonialismus" befürchten, ist der freie Zugang zu den von Fernerkundungssatelliten gewonnenen Daten (über mögliche Rohstoffvorkommen, voraussichtliche Ernteerträge etc.), deren Interpretation freilich auch noch gewisser Fachkenntnisse bedarf.

Etliche Staaten lehnen die Fernerkundung ihres Gebietes über-

haupt ab und verwahren sich auch gegen ausländische Satelliten-TV-Programme als „Einmischung in innere Angelegenheiten". Die Unispace beschloß, daß Fernerkundungsdaten den betroffenen Ländern „zu vernünftigen Bedingungen" überlassen werden sollen.

Die Weltraumforschung angesichts des Elends in der Welt total abzulehnen, ist aufgrund ihrer vielen positiven Ergebnisse mehr als kurzsichtig. Wohl aber ist zu verlangen, daß Kräfte und Mittel möglichst konzentriert werden, daß möglichst ökonomisch zusammengearbeitet wird, um daraus Nutzen für die Menschheit zu ziehen.

Was vielfach auch geschieht; etwa bei den Intelsat-Nachrichtensatelliten, die einer Genossenschaft von .106 Staaten gehören und wichtige Fernmeldeaufgaben erfüllen.

Besorgniserregend und angesichts der dafür aufgewendeten Mittel eine doppelte Katastrophe ist der Rüstungswettlauf im All. Unispace-Generalsekretär Yash Pal erklärte, daß 75 Prozent der Weltraum-Aktivitäten militärischen Zwecken dienten! Bezeichnenderweise blieben von 430 Resolutionspunkten nur die vier auf Abrüstung im All zielenden bis zum letzten Tag umstritten.

Die völlige Entmilitarisierung des Alls ist sicher eine Illusion, denn jeder Fernerkundungs- und Nachrichtensatellit kann militärischen Zwecken dienen, und die meisten tun es auch.

Nun verdichten sich aber Gerüchte, daß die Supermächte im All Waffen (etwa Laserkanonen oder „Killersatelliten") stationieren und damit den Weltraumvertrag von 1967, der nur Atomwaffen im All verbietet, unterlaufen.

Hier Einhalt zu gebieten, wäre höchste Zeit, wie UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar in Wien erklärte. Dazu wird es aber mehr als einer Unispace 82 bedürfen.

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