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Wiens gute Dienste

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Anläßlich seines jüngsten Aufenthaltes in den USA hatte FURCHE-Redakteur Burghard Bischof auch eine Unterredung mit dem ständigen Vertreter Österreichs bei den Vereinten Nationen, Botschafter Thomas Klestil. Hier ein Auszug aus diesem in New York geführten Gespräch.

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Anläßlich seines jüngsten Aufenthaltes in den USA hatte FURCHE-Redakteur Burghard Bischof auch eine Unterredung mit dem ständigen Vertreter Österreichs bei den Vereinten Nationen, Botschafter Thomas Klestil. Hier ein Auszug aus diesem in New York geführten Gespräch.

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FURCHE: Wie beurteilen Sie die teilweise geäußerte Kritik, daß Österreich nicht zu jenen Staaten gehört habe wie etwa auch Schweden, die die Resolution gegen den Sowjeteinmarsch in Afghanistan initiierten?

KLESTIL: Österreich hat sich in der Frage Afghanistan in der Generalversammlung eindeutig zu Wort gemeldet und die strikte Einhaltung der fundamentalen Prinzipien gefordert, die verletzt worden sind: Nichteinmischung in interne Angelegenheiten anderer Staaten, Wahrung der territorialen Integrität und politischen Unabhängigkeit aller Staaten sowie Nichtanwendung von Gewalt in internationalen Beziehungen.

Österreich betonte in seiner Erklärung, daß es bei der Verletzung dieser Prinzipien nicht schweigen und die Invasion eines Landes durch eine ausländische Armee nicht akzeptieren könne, daß die hiefür gegebenen Erklärungen nicht stichhältig wären und daß daher gefordert werden müsse, die Truppen sofort zurückzuziehen. Österreich hat gleichzeitig, und zwar als erstes Land überhaupt, öffentlich erklärt, daß es die diesbezügliche Resolution unterstützen werde, was dann bei der Abstimmung auch geschehen ist. Mit 104 Stimmen hat die Weltorganisation dann auch in einer sehr eindrucksvollen Weise zu Afghanistan Stellung genommen.

FURCHE: Wo sehen Sie die kritischen Punkte im. Zusammenhang mit der UNO? Der Vorwurf, der immer wieder auftaucht, lautet, die Vereinten Nationen seien ineffizient.

KLESTIL: Die Vereinten Nationen bieten ein Instrument zur Konfliktverhinderung, zur Konfliktbeseitigung. Es liegt aber an den Regierungen, sich dieses Instrumentes zu bedienen. Wenn der politische Wille der Regierungen fehlt, sich in dem einen oder anderen Fall an die UNO zu wenden oder sich an einen UNO-Be-schluß zu halten, ist es unfair, die Vereinten Nationen selbst dafür verantwortlich zu machen. Die Existenz der Vereinten Nationen allein kann internationale Konflikte nicht voll-

ständig hintänhalten, so wie auch die Existenz der Polizei nicht Verbrechen zum Verschwinden bringt.

FURCHE: Sie haben wiederholt auf die immer stärker werdende Bedeutung der Dritten Welt hingewiesen. Kann man daraus auch schließen, daß die Nord-Süd-Problematik die Ost-West-Problematik immer stärker verdrängen wird?

KLESTIL: Das ist zweifelsohne die Entwicklung. Es wird im Nord-Süd-Dialog in Zukunft nicht zwischen Ost und West unterschieden werden können, weil für die Entwicklungsländer der Osten genauso wie der Westen zu den Industriestaaten und damit zu den Reichen zählt. Das Phänomen, daß in einer Welt der beschränkten Ressourcen die Reichen immer reicher und die Armen immer

ärmer werden, wird in Zukunft im Vordergrund der Arbeit der UNO stehen müssen.

FURCHE: Und welche Stellung wird Österreich in diesem Zusammenhang einnehmen? Was konkret haben wir zu bieten?

KLESTIL: Österreich hat z. B. bei den Vorbereitungsarbeiten zur Transport- und Kommunikationsdekade für Afrika - das ist ein wichtiger Teilbereich in dieser ganzen Angelegenheit - ganz konkrete Vorschläge gemacht, hat Gebiete genannt, wo wir glauben, daß wir etwas beitragen können, beispielsweise beim Ausbau von Eisenbahnsystemen. Da gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, die nicht nur dem entsprechenden Land beim Ausbau der Infrastruktur helfen, sondern auch unserer Industrie auf Jahre hinaus einen Markt erschließen würden. Wir haben für die sehr intensiven Diskussionen, die in diesem Sommer bei einer Sondergeneralversammlung geführt werden und bei der die Entwicklungsstrategie für die achtziger Jahre festgelegt werden wird, bereits Vorschläge ge-

macht, die ebenfalls auf den weiteren Ausbau der Infrastruktur in der Dritten Welt hinzielen.

FURCHE: Vor wenigen Monaten hat das Oberhaupt der katholischen Kirche hier vor der UNO-Versamm-lung gesprochen. Eine solche Rede kann natürlich nicht unmittelbar politisches Geschehen beeinflussen, aber kann man dennoch von einer bleibenden Wirkung der Papstrede sprechen?

KLESTIL: Der Besuch des Heiligen Vaters bei den Vereinten Nationen war nicht nur für die Vertreter mehrheitlich katholischer Länder, sondern, ich glaube, für alle hier der vielleicht eindrucksvollste Besuch der Generalversammlung. Die gerade in ihrer schlichten Menschlichkeit eindrucksvolle Persönlichkeit des Papstes, verbunden mit der Symbolkraft seines hohen Amtes, hat in New York allgemein große Wirkung gezeigt. Die Rede war ein sehr deutlicher Appell für den Frieden und die Menschenrechte - von der moralischen Position der Kirche her also ein Appell, der über die UNO an die Weltöffentlichkeit gerichtet war.

FURCHE: Nach der Sowjetinvasion in Afghanistan spricht man vielerorts vom Ende der Entspannungspolitik. Wie beurteilen Sie als österreichischer UN-Vertreter die Chancen einer weiteren Entspannungspolitik?

KLESTIL: Trotz oder gerade in der gegenwärtigen gespannten Weltlage gilt für alle Staaten und insbesondere auch für die beiden Weltmächte nach wie vor, daß ihre und unser aller Zukunft von der Fähigkeit zur Koexistenz und Kooperation abhängt. Daher gibt es auch zur echten Entspannung keine echte Alternative. Die Erhaltung friedlicher Beziehungen zwischen den Großmächten ist und bleibt für unsere Zukunft von vorrangiger Bedeutung. Aus dieser Erkenntnis erwächst auch der eigentliche Grund für die Existenz der UNO: die Fähigkeit und Bereitschaft der Nationen zu fördern und zu entwik-keln, in einer zwar spannungsgeladenen, doch mehr und mehr voneinander abhängigen Welt miteinander in Frieden zu leben.

Österreich wird weiterhin das Seine dazu tun, indem es seine guten Dienste zur Verfügung stellt, z. B. für friedenserhaltende Operationen oder als Ort der Begegnung von Konferenzen und Organisationen, indem es aus der Stärke innerer Stabilität und fester ideologischer Grundsätze durch gute Nachbarschaftspolitik dazu beiträgt, daß in der Region, in der wir lebe'n, der Entspannungsprozeß weiter anhält, der ja eigentlich in Wien mit dem Abschluß des Staatsvertrages begonnen hat, dessen 25jähriges Jubiläum wir heuer feiern.

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