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Vom alten ins neue Haus

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Genau 60 Jahre befindet sich unser Verlag im Haus Strozzigasse 8. Die „ReichsposF“ und die Druckerei, in der sie hergestellt wurde, hatte sich am Ende des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts als zu klein erwiesen. Der Verein Herold sicherte sich deshalb das Vorkaufsrecht an einem alten josephinischen Schulhaus in der Strozzigasse 8. Ende 1912 begannen die Abbruchsarbeiten (wobei viele alte Weinkeller gefunden wurden) und im März 1913 begann der Neubau, den die Firma Pit-tel & Brausewetter durchführte. Im Rahmen einer schlichten Feier wurde am 8. Dezember 1913 durch den damaligen Fürsterzbischof von Wien, Gustav Franz Piffl — er trug noch nicht den Kardinalshut — das neue Haus eingeweiht. Eine große Zahl von Ehrengästen aus allen Ständen und Rängen wohnte der Feier bei. Der Fürsterzbischof, der seit der Gründung der „Reichspost“, damals noch ein schlichter Kaplan, zu ihren Freunden zählte, konnte kaum seine tiefe Bewegung meistern, als er das vollendete Werk übersah. Was die Vollendung seines Baues und seine Einrichtung bedeutete, konnte im vollen Umfang erst ein Jahr später ermessen werden, als der ausgebrochene Weltkrieg technische und organisatorische Leistungen von dem Verlag verlangte, die vom alten Haus unmöglich hätten geleistet werden können.

Gleichzeitig mit dem Neubau wurden wichtige strukturelle Veränderungen bei dem Verein, dem das Unternehmen gehört, durchgeführt. Zunächst wurde sein Name geändert von „Verein Reichspost“ in „Verein Herold“. Der Fürsterzbischof übernahm auf vielfaches Bitten das Protektorat und das Ehrenpräsidium des Vereins. Die Firma selbst wurde umgewandelt in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, eine in Österreich sehr seltene Gesellschaftsform, die es aber ermöglichte, eine weitestgehende Beteiligung vieler katholischer Kreise an dem Unternehmen zu erreichen. Bei der Umwandlung der Gesellschaftsform wurden der Führer der katholischen Akademikerschaft, Mittelschulprofessor Robert Krasser, femer der

Leiter des Volksbundes, Jakob Fried, und der Volksbunddirektor Riehard Schmitz in die Mitte des neuen Vorstandes gerufen; lauter Persönlichkeiten, die dann durch Jahrzehnte die Geschicke des Vereins bestimmen sollten.

Die Strozzigasse selbst ist der letzte Rest, der noch an das Viertel „Am Strozzigrund“ erinnert, welches Viertel 1851 in dem Bezirk Josefstadt aufging. Eines der Mitglieder des berühmten florentinischen Patriziergeschlechtes Strozzi, bekannt durch seine ewigen Fehden mit der Familie Medici, war im 17. Jahrhundert in kaiserliche Dienste getreten und ein erfolgreicher Feldherr geworden. Er erbaute sich ein schönes Palais vor den Mauern Wiens und gab damit einem ganzen Viertel den Namen. 1664 starb er; im gleichen Jahr, da sein Landsmann Montecuccoli die Schlacht bei Mogersdorf gewann. Das Palais ging etwas später in den Besitz des Erzbischofs von Valencia über, der mit seinem König Karl III., dem späteren Karl VI., Spanien verließ und in Wien im Exil lebte. Heute verbirgt ein Finanzamt die schöne Fassade des Strozzi-Palais, die wert wäre, renoviert zu werden.

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