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„UNSER HAUS“

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Wenn Dr. Friedrich Funder vom Verlag Herold sprach, dann sagte er Immer „Unser Haus“. Für ihn war das Haus Herold mehr als die Summe der Maschinen in der Druckerei, mehr als die Zeitungen, mehr als die Bücher, die der Verlag herausbrachte. Für Dr. Funder war das Haus Herold mehr als nur die Summe von soundso viel Angestellten und Arbeitern. Für Dr. Funder war „Unser Haus“ eine lebendige Gemeinschaft von Menschen, von Mitarbeitern, von Freunden, die sich um den Betrieb in der Strozzigasse scharten und die es sich zum Ziel gesetzt hatten, ihrer Kirche und ihrem Österreich in allen möglichen Formen, vor allem aber durch das gedruckte Wort zu dienen. Und für Dr. Funder und alle seine Freunde waren die Maschinen, die Setzmaschinen, die Rotationsmaschinen, die Flachdruckpressen, die Maschinen der Chemigraphie, nur Handwerks- zeuge, mit denen sie ihren Auftrag ausführen konnten.

Dieses „Unser Haus“ ist jetzt 75 Jahre alt geworden. Die Anfänge waren klein und von einer geradezu rührenden materiellen Genügsamkeit. Audi in den folgenden Jahrzehnten ist „Unser Haus“ nie materiell sehr reich gewesen. Wenigen guten Jahren folgten meistens schwere Jahre voller Sorgen. Nicht nur die Jahre nach der Gründung, auch die Jahre nach dem ersten Weltkrieg waren furchtbar schwer. Und die Jahre nach dem zweiten Weltkrieg waren nicht minder hart. Das Schicksal, mit minimalen materiellen Mitteln auskommm zu müssen, ist diesem Haus in all diesen Jahrzehnten immer treu geblieben und wird ihm wahrscheinlich auch weiterhin treu bleiben. Und die Männer, die „Unserem Haus“ dienten, konnten sich in diesem Dienst keine irdischen Reichtümer sammeln. Sie alle lebten, nicht nur, weil sie vielleicht dazu gezwungen wurden, sondern auch aus innerer Überzeugung, ein fast franziskanisches Leben, so Ambros Opitz, der Buchdruckersohn aus Nordlböhmen, der sein ganzes Vermögen diesem Haus widmete und der den Dienst am Wort als einen Teil seines priesterlichen Daseins autffaßte, so Prälat Dr. Franz Martin Schindler, der berühmte Moraltheologe der Wiener

Universltiät und spirituelle Leiter der jungen christlichsoizidlen Bewegung, so Dr. Ignaz Seipel, der jahrelang Obmann des Vereines Herold war und der all seine Einkünfte immer wieder herschenktte, um den Armen zu helfen, so Dr. Friedrich Funder,. der sich' kaum einen Tag Ruhe gönnte und dessen schönstes Vergnügen eine kleine Wanderung in den Bergen war. Und ebenso der unvergeßliche Richard Schmitz, Vizekanzler und oftmaliger Minister zwischen den beiden Weltkriegen, Generaldirektor des Hauses Herold von 1946 bis 1954.

Und diesen franziskanischen Stil lebten alle anderen Männer, die jemals zum Verein Herold gehört hatten. Ihnen allen stand der Dienst an ihrem Gott, an ihrem Vaterland, an ihren Mitmenschen im Vordergrund ihres Lebens, ja war der Sinn ihres Lebens. Und das Haus Herold war für sie das Instrument, mit dem sie diesen ihren Dienst vollführen konnten. Es war nie eine sehr große Gemeinschaft, die zu „Unserem Haus“ gehörte. Aber diese Gemeinschaft hielt um so stärker zusammen, besessen von der Idee ihres Dienstes. Nicht immer waren die offiziellen Stellen der Kirche und auch des Staates, der Parteien, einverstanden mit jeder Handlung, die „Unser Haus“ vollbrachte. Aber alle mußten Immer anerkennen, daß jede Tat aus lauterem Handeln erfolgte.

„Unser Haus“ ging immer einen sehr eigenwilligen Weg. Das mußte natürlich manche Gegnerschaften mit sich bringen. Es dachte übernational, als alle Welt im Nationalismus versank. Es dachte sozial, als ein soziales Denken noch nicht Gemeingut der Menschen war. Es dachte tolerant, als die Toleranz noch sehr verschrien war. Es bekannte sich immer zu den besten Gütern der Vergangenheit und war immer bereit, neue Wege in die Zukunft zu gehen, vorausgesetzt, daß diese Wege dem Grundprinzip „Unseres Hauses“ entsprachen.

75 Jahre sind keine lange Zeit im Lauf der Geschichte. Sie sind eine lange Zeit im Schicksal eines Hauses, das viele Schläge erdulden mußte. Was immer die Zeiten bringen werden, „Unser Haus“ wird es als seine vornehmste Aufgabe betrachten, dem Gott, der die Welt erschuf, sie erbaute und leitet, der Kirche, dem Nachfolger des hl. Petrus in Rom, den Nachfolgern der Apostel und ebenso Österreich,, der geliebten Heimat, und seinen Menschen in unwandelbarer Treue zu dienen.

Aber ebenso ist es vornehmste Pflicht dieser Stunde, da das Haus dieses Jubiläum begeht, in Dankbarkeit aller jener . zu gedenken, die zur Gemeinschaft „Unseres Hauses“ gehörten und geboren: der berühmten Männer des Vereines Herold und der vielen namenlosen Mitarbeiter, unserer Unternehmungen und der vielen namenlosen Leser unserer Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Viele von ihnen weilen nicht mehr unter den Lebenden, und es war schmerzlich, von jedem einzelnen Abschied zu nehmen, möge er einen berühmten Namen getragen haben öder einer jener Namenloser gewesen zu sein, ohne deren Freundschaft und Arbeit dennoch nicht der Weg unseres Hauses hätte gegangen werden können. Ein anderer wird .ihnen vergelten, was sie „Unserem Haus“ geschenkt haben.

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