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Die Ära Burghardt

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Der Franzel-Sturm hatte das große Interesse der Öffentlichkeit an der „Furche" gezeigt, aber ihre Situation war dadurch nicht besser geworden. Die Bezieherzahlen sanken ständig. Wir konnten uns ungefähr ausrechnen, wann sie 10.000, 8000, ja 5000 Bezieher haben werde. Zunächst war eine Regelung der Frage des Herausgebers dringend notwendig. Ich bat um die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung des Vereines Herold. Die Einladung unterschrieb der Obmannstellvertreter des Vereines, Generaldirektor Dr. Gustav Weigel von der österreichischen Läniderbank. Einige Tage darauf zählte er auch zu den vielen Toten dieses Jahres. (In diesem Jahr starben unter anderem Bundeskanzler Raab, Prälat Dr. Dorr, Prälat Rudolf, Oberst Blumenthal von der Wiener Neustädter Akademie, der obengenannte Direktor Heine-Geldern, Erzabt Dr. Reetz von Beuron, ehemals Abt von Seckau. Der Tod hielt eine überreiche Ernte, und viele Verstorbene waren gute Freunde von mir gewesen.)

Ich ging zu der Generalversamm-

lung mit dem festen Vorsatz, den Herrn Kardinal und die Anwesenden zu bitten, sofort einen neuen Herausgeber zu ernennen. Wie ich schon erklärte, ist es meine Meinung, daß ein Geschäftsführer dafür bezahlt wird, daß er Ideen hat. Ich batte auch schon einen Kandidaten bereit: Professor Dr. Anton Burghardt, den ich schon lange kannte. (Ich lernte ihn, soviel ich mich erinnere, knapp vor dem Krieg bei meinem Freund P. Otto Leisner SJ kennen.) Im Jahr 1947 hatte er an den Gesprächen tealgenommen, die zwischen dem holländischen Sozialisten Vorrink und Dr. Kreisky auf der einen Seite und mehreren Katholiken in meiner Wohnung stattgefunden hatten und ein erstes vorsichtiges Abtasten nach der Möglichkeit eines Gespräches darstellten. Als sich die Franzei- Krise dem Höhepunkt näherte und er bereits die Absicht äußerte, wieder nach München zurückzukehren, fragte ich Dr. Burghardt, ob er nicht Herausgeber der „Furche" werden wolle, wenn der Verein Herold ihn dazu wähle. Zum Glück sagte er zu, und nach einigen Debatten in der außerordentlichen Generalversammlung erhielt ich tatsächlich den Auftrag, Dr. Burghardt mitziuteilen, daß er zum Herausgeber der „Furche“ berufen sei. Prof. Burghardt war damals Direktor einer technischen Mittelschule Sn Wien und hatte einen Lehrauftrag an der Grazer Universität zu erfüllen, so daß die Übernahme der Herausgeberschaft der „Furche“ für ihn wirklich eine enorme Arbeitsüberlastung bedeutete, die ihn physisch fast völlig erschöpfte. Aber seine Ernennung wirkte wie ein beruhigendes öl auf eine tosende Flut. Niemand kam auf die Idee, mir vorzuwerfen, daß ich auch hier vorher die Redaktion nicht gefragt habe, ob sie einverstanden sei. Dabei hatte der Verein Herold auch hier nur von seinem Recht Gebrauch gemacht, das ihm diesmal niemand streitig machte.

Durch diese Berufung war zwar eine Beruhigung der Öffentlichkeit eingetreten, aber keine Sanierung der „Furche“. Die Bezieherzahl sank weiter.

Blick nach Graz

Der Herr Kardinal wandte sich in seiner Sorge um den Bestand der „Furche" streng vertraulich an den Generaldirektor des Grazer Styria- Veriages Dr. Karl Maria Stepan und fragte ihn, ob er nicht einen Rat wisse, wie die Zukunft der „Furche“ gesichert werden könne. Generaldirektor Dr. Stepan schlug die Gründung einer neuen Gesellschaft vor, der alle katholischen Pressevereine Österreichs angehören sollten und welche Gesellschaft die „Furche“ übernehmen und herauszugeben habe. Bei der nächsten Generalversammlung des Vereins Herold im Jahre 1965 erhielt ich prompt den Auftrag, bei den Preßvereinen Österreichs zu sondieren, ob sie bereit wären, einer solchen Furche- Gesellschaft beizutreten. Das Ergebnis war betrüblich, denn sowohl von der Tyrolia wie von der Oarinthia, dem St. Pöltner, dem Salzhurger und Oberösterreichischen Preßverein erhielt ich negative Antworten. Nur die Styria war bereit, auch mit Herold allein eine Furche-Gesellschaft zu gründen, wobei diese Gesellschaft die Form einer KG haben sollte, aber Redaktion und Verwaltung in den Händen der Styria zu sein hätten. Dieser Plan behagte natürlich wieder nicht den Herren vom Verein Herold, denn jeden Einfluß auf die „Furche" wollten sie doch nicht aufgeben, und so wurde ich beauftragt, Herrn Generaldirektor Dr. Stepan außer dem Dank für seine Hilfsbereitschaft mitzuteilen, daß Herold versuchen wolle, die „Furche“ solange wie möglich allein herauszubringen. Ende 1966 trat der bisherige Herausgeber Prof. Dr. Burghardt von dieser Funktion zurück, da er als Ordinarius an die Universität nach Graz ging und eine Inne haben beider Funktionen sich alj undurchführbar erwies.

Das Komitee

Wieder stand der Verein Herold vor der Frage, wer Herausgeber werden sollte. Die Herren einigten sich, daß ian Impressum der „Furche“ der österreichische katholische Presseverein Herold aufscheinen sollte. Daneben wurde ein eigenes Herausgeberkomitee gegründet, dem vier Herren aus dem Verein Herold (Weihbischof DDr. Jakob Weinbacher, Universitätsprofessor Dr. Hans Schmitz, RA Dr. Max Vladimir Allmayer-Beck und Kanonikus Dr. Alfred Kostelecky) sowie Professor Dr. Anton Burghardt und Botschafter Dr. Franz Karasek, die beide nicht Mitglieder des Vereines sind, angehörten. Ich selbst hatte ausdrücklich gebeten, nicht in dieses Herausgeberkomitee gewählt zu werden, damit ich nicht wieder als der böse Geist aufscheinen sollte, der alle Beschlüsse beeinflußt. Ich nahm auch an den Sitzungen nicht teil. Nur zum Ende der letzten Sitzung wurde ich gebeten und mir folgendes mit- geiteilt...

Aber bevor ich dies berichte, muß ich noch über die allgemeine Entwicklung auf dem Zeitungssektor seit dem Beginn des Jahres 1966 erzählen.

Das böse Jahr 1966

Das Jahr 1966 wird wohl immer ein Markstein in der Geschichte des österreichischen Zeitungswesens sein.

Ab Anfang 1966 trat ein neuer graphischer Kollektivvertrag in Kraft, der den Beteiligten außerordentlich hohe Kasten auferlegte. Dazu kam, daß nur ein Teil der neuen Kosten auf die Kunden überwälzt werden konnte. Die übrigen Kosten mußten die Druckereien schlucken. Im Jahre 1967 traten neue Lohnerhöhungen ein. Im gleichen Jahr stiegen auf Grund eines neuen Kollektivvertrages auch die Joumalistengehälter. Die Postgebühren wurden wesentlich höher.

Während so die Kosten stiegen, wagte es aber kaum eine Zeitung, den bisherigen Bezugspreis ZM erhöhen, wodurch schon einmal wesentliche Einnahmen ausfielen. Di Inserate bei vielen Zeitungen gingen zurück, nicht weil die Firmen vielleicht mit Inseraten sparten, sondern weil sie immer mehr Inserate dem Fernsehen anvertrauten, da sie nur zu gut wußten, daß die Femseh- reklame eine ungleich beträchtlich größere und breitere Konsumentenschicht erreicht.

Die Lesemüdigkeit nahm zu. Begann das Ende des Lesezeitalters, das ich 1957 vorausgesagt hatte? Auch eine allgemeine Wirtschaftskrise machte sich in der Welt bemerkbar, die Zeitungen, Zeitschriften und Büchern nicht günstig sein konnte. Die Krise, deren Kom- (Fortsetzung auf Seite 10)

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