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Zuspruch bei Mißhandlung

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Einige Monate jünger ist eine Frauenberatungsstelle mit dem Schwerpunkt Mißhandlung. Katholische und evangelische Frauen haben' auf diesem Gebiet einen Bedarf erkannt und die Initiative für eine solche Beratungsstelle ergriffen, die von der Katholischen Frauenbewegung und dem Evangelischen Frauenwerk gemeinsam getragen wird. Frauen beider Konfessionen sind es auch, die - meist ehrenamtlich - die Hintergrundarbeit leisten.

Die Mißhandlungen, die hier zur Sprache kommen, sind sowohl körperlicher als auch seelischer Art Hilfe wird in Form von Aussprachemöglichkeit angeboten, durch die zunächst die akute Belastungssituation etwas gemildert werden kann. Durch die Zuwendung und Akzeptanz, die eine mißhandelte Frau hier findet, fällt es leichter, einen klaren Bück auf die Hintergründe der Situation zu bekommen und eventuell Entscheidungen zu treffen, wie etwas verändert werden kann.

Menschliche Begleitung und kompetente Beratung bei der Klärung einer solchen Notlage sind also die Hauptanhegen. Rat und Unterstützung in rechtlichen, sozialen und pädagogischen Fragen kann ebenfalls gewährt werden.

Fernziel ist die Schaffung eines eigenen Hauses mit mehreren Wohnungen, wo Frauen mit Kindern auch zeitweilig untergebracht werden können, und ein davon unabhängiges Beratungszentrum. Vorerst begnügt man sich mit einer relativ bescheidenen Beratungsstelle, die an sechs Halbtagen der Woche besetzt ist. Die Beratungen werden sehr oft nur telefonisch durchgeführt.

Der Wunsch nach Anonymität ist groß. Über telefonische Anmeldung sind jedoch auch persönliche Gespräche möglich, die Adresse ist nur direkt zu erfragen.

Frauen, die sich an die Beratungsstelle wenden, sind meist über vierzig, mehr als zwanzig Jahre verheiratet mit erwachsenen Kindern. Nicht selten ist ein eigenes Haus da, guter Mittelstand also, sowohl was das Einkommen betrifft als auch die eigene Bildung.

Umso größer ist die Schwellenangst, eine Beratungsstelle aufzusuchen und sich die Unerträglich-keit der Situation, die fast immer schon seit Jahren besteht, selbst einzugestehen. Die Mißhandlungen gehen von den Ehemännern beziehungsweise Lebenspartnem der Frauen aus und sind nicht immer mit körperlicher Gewalttätigkeit verbunden.

Die Frauen klagen über ständige Beschimpfungen, Demütigungen, Aussperren, wochenlanges Schweigen, Vorenthalten der nötigsten finanziellen Mittel, Drohung mit Selbstmord und Mord. Sowohl körperliche wie auch seelische Mißhandlungen wirken sich auf das Selbstwertgefühl der betroffenen Frau verheerend aus.

Frauen kommen oft in die Beratungsstelle, weil ihr Mann eine Freundin hat. Sie wollen meist der Kinder wegen keine Scheidung und weil sie ihre Einstellung mit dieser Lösung nicht in Einklang bringen. Für sie ist auch der Weg ins Frauenhaus keine Alternative. Dieser Schritt ist ihnen einfach zu groß. Einen letzten Rest von Sicherheit scheint ihnen der kirchliche Träger der Beratungsstelle zu vermitteln.

Häufig sind Auskünfte über Rechtsfragen, manchmal werden Ärzte vermittelt Praktische Hinweise, was eine Frau nun konkret tun könnte und wie sie ihre Situation besser bewältigen könnte, eröffnen oft ganz neue Möglichkeiten und Kraftquellen.

Man ist sich - so versichert Doro-thee Böhme-Lindmaier, die Leiterin der Beratungsstelle - der gesellschaftlichen Barrieren im Zusammenhang mit dem Problem Mißhandlung bewußt und will alle Anstrengungen machen, dem entgegenzusteuern. Überlegt wird derzeit die Schaffung einer Gruppe für betroffene Frauen, wo Möglichkeiten der Veränderung b ehandeltwerden.

Beratungsstelle für mißhandelte Frauen, Telefon: 425 415; Beratungszeiten: Mo.-Fr- 9-12 Uhr, Da: 15-18 Uhr.

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